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Jobcenter führt E-Akte ein Jobcenter führt E-Akte ein: Was bedeutet das für die 35.000 Betroffenen?

Von Dirk Skrzypczak 12.03.2018, 09:00
Schluss mit dem Papierdschungel: Jobcenter-Chef Jan Kaltofen setzt mit seiner Behörde ab sofort auf die E-Akte.
Schluss mit dem Papierdschungel: Jobcenter-Chef Jan Kaltofen setzt mit seiner Behörde ab sofort auf die E-Akte. Dirk Skrzypczak

Halle (Saale) - Zwei komplette Etagen. 65 Räume mit einer Fläche von 1400 Quadratmetern. Würde man alle Akten, die im Archiv des Jobcenters Halle eingelagert sind, nebeneinanderlegen, wäre die Strecke etwa zwei Kilometer lang. „Die braunen Aktendeckel sind das Synonym für den Leidensweg der Menschen“, sagt Jobcenter-Chef Jan Kaltofen.

Sie sind aber auch Beleg dafür, wie aufwendig die Arbeit für die Beschäftigten ist. Tagtäglich müssen Hunderte Dokumente kreuz und quer durch die Scheibe D in der Neustadt transportiert werden. Doch die Zeit der Papierhefter geht ihrem Ende entgegen: Das Jobcenter führt ab sofort die elektronische Akte ein.

Jobcenter nutzt Digitalisierung, um Arbeit effektiver zu gestalten

„Damit sind wir in der Verwaltungsarbeit zwar noch längst nicht auf dem Status 4.0, aber wir nutzen die Digitalisierung, um unsere Arbeit effektiver zu gestalten. Davon profitieren natürlich auch die Betroffenen, weil ihre Anliegen schneller bearbeitet werden können“, sagt Kaltofen. Bislang funktioniert das Jobcenter weitgehend noch analog. Das heißt: Müssen Hallenser zu einem Beratungstermin oder haben sie eine Nachfrage, beispielsweise telefonisch, werden die jeweiligen Unterlagen erst aus den Archiven geholt. Künftig reicht ein Klick auf dem Computer.

Einmal pro Tag werden montags bis freitags alle Schreiben und Unterlagen, die das Jobcenter erreichen, in ein Scannerzentrum der Deutschen Post gebracht. Die Sicherheitsvorgaben sind streng. Die Kanister mit dem Dokumenten werden verplombt, Zutritt zum Scannerzentrum hat nur das berechtigte Personal.
Dort werden die Unterlagen vorsortiert und beispielsweise Büroklammern entfernt. Anschließend verrichten die Scanner ihre Arbeit. Das Personal des Zentrums, darunter sind auch Mitarbeiter der Agentur für Arbeit in Halle, kontrolliert in Stichproben die digitalisierten Dokumente. Sind Blätter schlecht lesbar gewesen, können die Seiten auf dem PC nachbearbeitet werden. Danach werden die Daten elektronisch an das Jobcenter übermittelt. Die Deutsche Post hebt die Originale noch acht Wochen auf, bevor sie vernichtet werden. (mz)

Und in Bruchteilen von Sekunden sind alle Angaben abrufbar. „Auf diese Weise können einfache Fragen bereits bei einem Anruf in unserem Servicecenter beantwortet werden - oder in der Eingangszone des Jobcenters“, so Kaltofen. Projektleiterin Kathrin Sasse sieht einen weiteren Vorteil: Sind mehrere Abteilungen mit einem Fall betraut, können die Mitarbeiter gleichzeitig auf die E-Akte zugreifen. Das bringt eine deutliche Zeitersparnis.

Hochleistungsscannern digitalisieren Unterlagen

Jetzt werden die Unterlagen, die Hartz-IV-Bezieher oder Aufstocker einreichen, einmal pro Tag in ein Dienstleistungszentrum der Post in Halle gebracht und dort von Hochleistungsscannern digitalisiert. Bis zu 10.000 Blatt Papier schafft die Technik pro Stunde. Anschließend werden die Datensätze an das Jobcenter übermittelt. Innerhalb von 24 Stunden sind die Informationen im Jobcenter abrufbar.

Die Agentur für Arbeit in Halle nutzt bereits die E-Akte. Das Jobcenter greift auf die gleiche Software zurück - ein weiterer großer Vorteil. „Das System gilt als das sicherste in Deutschland. Niemand muss sich sorgen, dass persönliche Angaben oder Dokumente in falsche Hände kommen könnten“, versichert Kaltofen. Das Jobcenter kümmert sich um rund 25000 erwerbsfähige Erwachsene und etwa 10.000 Kinder.

Bis die Papierakte Geschichte ist, werden aber noch Jahre vergehen. So müssen für laufende Vorgänge weiterhin auch die „alten“ Dokumente genutzt werden. Und die Sozialgerichte arbeiten ebenfalls noch analog. Werden Fälle dort verhandelt, stellt das Jobcenter die Unterlagen noch wie bisher zur Vorfügung. Doch das Ende der P-Akte ist in Sicht. Zehn Jahre muss das Jobcenter Altakten aufheben, bevor sie vernichtet werden dürfen. (mz)