Jobcenter-Affäre in Halle Jobcenter-Affäre in Halle: Tempel bleibt "vorübergehend von Aufgaben entbunden"

Halle (Saale) - In der halleschen Jobcenter-Affäre finden Stadt und Arbeitsagentur eine salomonische Lösung: Sylvia Tempel bleibt von ihren Aufgaben als Jobcenter-Chefin entbunden, doch die Stadt kann den ursprünglichen Beschluss für aufgehoben erklären. Beide Träger hatten sich fast eine Woche lang einen Streit hinter den Kulissen geliefert, ob Tempels Abberufung wegen Korruptionsvorwürfen rechtens gewesen ist. Nun ist der Beschluss vom 26. September am Montag faktisch noch einmal gefallen. Nur die Lesarten zwischen Stadt und Agentur unterscheiden sich.
Für die Kontrolle des Jobcenters ist die Trägerversammlung zuständig. Diese besteht lediglich aus zwei Personen: dem städtischen Beigeordneten für Arbeit Wolfram Neumann und der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Halle Petra Bratzke. Die Stadt, also Neumann, hat in der Trägerversammlung formal die Stimmenmehrheit. Entscheidungen zur Geschäftsführung müssen einstimmig fallen.
Beide Träger entsenden zudem zu ungefähr gleichen Teilen Mitarbeiter ins Jobcenter. Der Großteil der Vermittler und anderen Beschäftigten ist also nicht beim Jobcenter angestellt, sondern nur dorthin abgeordnet oder zugewiesen.
Die Stadt ist übrigens wiederum ebenfalls Vertragspartner des Jobcenters. Im städtischen Eigenbetrieb für Arbeitsförderung sind zahlreiche Ein-Euro-Jobber beschäftigt. Sie hatten unter anderem beim Hochwasser 2013 einen großen Anteil an den Deich- und Aufräumarbeiten. (xkn)
Die neuerliche Sitzung der Träger war nötig geworden, weil Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) den bisherigen Beschluss vom 26. September nicht akzeptiert und auf eine neue Sitzung gedrängt hatte. Der städtische Beigeordnete Wolfram Neumann hatte seinerzeit der Abberufung Tempels zugestimmt. Tempel sei nicht angehört worden, die Vorwürfe seien nicht belegt, so Wiegand dagegen wenige Tage später.
Nun fiel faktisch noch einmal der gleiche Beschluss, diesmal mit Wiegand als städtischem Vertreter. „Wir hatten heute eine Sitzung in sachlicher und ruhiger Atmosphäre. Am Ende haben wir den Beschluss gefasst, dass Sylvia Tempel vorübergehend von ihren Aufgaben entbunden wird und Jan Kaltofen bis auf Weiteres Geschäftsführer des Jobcenters ist“, sagte Petra Bratzke, Geschäftsführerin der Arbeitsagentur, am Montagnachmittag zur MZ. Bratzke ist das zweite Mitglied der zweiköpfigen Trägerversammlung. Kaltofen war bislang ihr Stellvertreter und wechselt nun ins Jobcenter.
Die Stadt dagegen hält den Beschluss von Ende September nach der heutigen Sitzung für aufgehoben. Das teilte Stadtsprecher Drago Bock am Montagnachmittag mit. Trotzdem wird Tempel nicht auf ihren Posten zurückkehren. Denn die Arbeitsagentur als Arbeitgeber habe ihr „andere Aufgaben übertragen“. „Deshalb hat die Trägerversammlung vorübergehend Herrn Kaltofen mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Jobcenters beauftragt“, so Bock.(MZ/XKN)
(mz/xkn)