Interview mit SKV-Insolvenzanwalt Interview mit SKV-Insolvenzanwalt: "Ich vermute politische Gründe"

Halle (Saale) - Halles Kommunalpolitik ist in Aufruhr: Die Insolvenz des größten privaten Kita-Betreibers in Halle hat zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Linken und CDU geführt, sogar Rücktrittsforderungen wurden laut. Am Mittwoch muss sich der Stadtrat mit dem Fall beschäftigen. Aber warum gibt es eigentlich Streit um die SKV Kita gGmbh, die in Halle 14 Einrichtungen mit 1 900 Kindern betreibt? Anwalt Stefan Ettelt begleitet die SKV-Geschäftsführung bei der Insolvenz. MZ-Redakteur Gert Glowinski hat mit ihm über das komplizierte Verfahren gesprochen.
Die Stadt Halle fordert 1,2 Millionen Euro zurück, die SKV offenbar zu Unrecht erhalten hat. Das ist der Grund für die Insolvenz. Was hat die Geschäftsführung falsch gemacht?Ettelt: Nicht viel. Es geht beispielsweise um Vorschüsse für Investitionsabschreibungen in den Jahren 2006 bis 2011. Die Stadt hat fünf Jahre gebraucht, um festzustellen, dass diese Vorschüsse aus ihrer Sicht zu Unrecht gezahlt wurden. Mittlerweile gibt es sogar einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Naumburg, dass eine Rückforderung der Stadt für ermessenfehlerhaft, und damit rechtswidrig, erklärt.
Dennoch hat man sich vorsorglich für eine Insolvenz entschieden. Warum können sich SKV und Stadt nicht auf einen Insolvenzplan einigen?
Ettelt: Betriebswirtschaftlich ist es nicht zu erklären, dass sich die Stadt nicht auf einen Kompromiss einlässt. Sollte ein anderer Betreiber SKV übernehmen, dann wären die Gehälter der Mitarbeiter nur für ein Jahr geschützt. Ich vermute unter anderem politische Gründe hinter der Haltung der Stadt.
Das klingt nach Verschwörungstheorie. Was sind denn politische Gründe?Ettelt: Offenbar fokussiert man sich im Rathaus auf die Person Bodo Meerheim, weil er unter anderem im Stadtrat Finanzausschussvorsitzender ist. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass die Stadtverwaltung momentan an einem Kompromiss mit der SKV wenig Interesse zeigt
Aber ist es nicht nachvollziehbar, dass die Stadt möglichst viel von dem Geld haben möchte, das ihr zusteht?
Ettelt: Natürlich. Jeder verfügbare Euro fließt den Gläubigern zu.
Bis auf mehrere hunderttausend Euro, die auf dem SKV-Konto bleiben sollen.
Ettelt: Das sind zweckgebundene Spendengelder, Geld für Planungsleistungen und Mittel für Brandschutz, die zwingend erforderlich sind.
Die Stadt bekommt aber nur so einen Bruchteil Ihrer Forderungen zurück...
Ettelt: Die Quote liegt nur scheinbar bei 13 Prozent. Tatsächlich sieht der Insolvenzplan vor, dass im besten Fall die Stadt etwa 50 Prozent ihrer Forderung realisieren kann.
Sind Sie dennoch bereit, im Insolvenzplan nachzubessern?
Ettelt: Wir wollen uns unbedingt mit der Stadt einigen und hoffen auf einen Kompromiss. Wenn alle politischen Animositäten außen vor bleiben, ist der auch realistisch.
(mz)