Innenstadt Innenstadt: Denkmalstatus von Jägergasse 1 wird aberkannt

HALLE/MZ - In der Jägergasse schaut das schreckliche Haupt der Medusa düster auf die Passanten hinunter. Noch. Denn das baufällige Haus der früher berühmt-berüchtigten „Melodia“-Bar zwischen Großer und Kleiner Ulrichstraße mit dem spätbarocken Medusa-Portal wird abgerissen. Zwar soll dabei das rund 250 Jahre alte spätbarocke Portal - das von einem Vorgängerbau übrig blieb und nur Fassade ist - stehen bleiben. So lautet die Forderung des Denkmalschutzes. Doch die Anker des Portals sind derart verrostet, dass noch nicht sicher ist, ob dies auch gelingt.
Ausgerechnet „Demolition Man“ heißt die mit dem Abriss beauftragte Firma. Doch der brachiale Name ist irreführend, denn der Abriss soll sogar besonders schonend vonstatten gehen - von Hand nämlich, durch einen einzigen Mann.
Kulturhaus des Konsums
Das Haus Jägergasse 1 ist indes nur noch ein Haufen aus Stuck und Schutt. Seit November wurde im Innern abgerissen, nun sind die Arbeiten brutal sichtbar. Immer wieder bleiben Passanten stehen, denn vielen Hallensern ist etwa die „Melodia-Bar“ noch immer ein Begriff. Die Lokal-Geschichte des früheren Universitätsgebäudes ist lang und begann 1909. Damals wurde das Etablissement unter dem Namen „Zum Oberpollinger“ eröffnet, später war es unter anderem Kabarett und Varieté „Kochs Künstlerspiel“. Nach 1933 hieß es „Laterne“ und später wurde in dem Lokal „Unionsbräu“ gezapft. Es hatte einen durchaus anrüchigen Ruf, den es auch ab 1967 als „Kulturhaus der Handelsorganisation (HO)“ und 1975 als „Jugendtanzhaus Melodia“ nie ganz verlor. Doch schon Mitte der 1980er Jahre war Ausschankschluss. Und niemand hat seither den Verfall aufgehalten. Seit Jahren schon schützten Fangnetze Passanten vor herabfallenden Teilen. Im Inneren sind, vor allem im vorderen Teil des Gebäudes, durch eindringendes Regenwasser schwere Schäden entstanden und Decken teilweise eingebrochen. Schwammbefall ist im gesamten Gebäude, heißt es in einer Einschätzung des Arbeitskreises Innenstadt. Der Verein kämpft für den Erhalt der Denkmäler in Halle. Inzwischen hat der Denkmalschutz das Haus Jägergasse 1 angesichts dieser Schäden längst von der Denkmalliste gestrichen.
Seit 2010 gehört die „Melodia-Bar“ der Intecta Grundbesitzgesellschaft. Die hat das Haus mit dem benachbarten und inzwischen sanierten Intecta-Kaufhaus übernommen. Man hatte die Idee, das einst bekannte Etablissement wiederzubeleben. Zudem war die Ruine war auch ein Schandfleck in der Nachbarschaft. Doch die Schäden nach rund 30 Jahren Leerstand waren nicht mehr zu beheben, so einer der Investoren. Drinnen herrschte Zerstörung, der Stuck des Saales sei völlig zerstört, es hätten sich auch kaum Zeugen der gastronomischen Vergangenheit gefunden. Nur herumliegende Papier-Bierglas-Servietten aus Konsum-Zeiten.
Investor gesucht
Nach dem Abriss ist ein Neubau geplant - mit integriertem Portal. Dafür muss aber noch ein Investor gefunden werden. Vorerst werde der Platz schlicht geschottert. Mit dem Haus Jägergasse 1 fällt also erneut ein früheres Baudenkmal in den Schutt. Vorletzter Eigentümer war das Frankonia-Immobilienunternehmen, dem mehrere leerstehende Baudenkmäler gehören: ein Teil des Renaissance-Palasts Kühler Brunnen und die Poliklinik Mitte am Markt etwa oder zwei Häuser in der Brüderstraße.
