In Salzmünde bahnt sich eine Sensation an
Salzmünde/MZ. - Im Erdwerk Salzmünde, der mit insgesamt 22 Hektar größten Grabungsfläche des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt, bahnt sich eine Sensation an: Anhand der Skelettfunde in verschiedenen Begräbnisstätten und den Grabensystemen selbst gilt es die Frage zu klären: Handelt es sich beim Erdwerk um Siedlungsbestattungen oder war Salzmünde gar eine Totenstadt?
Projektleiter Dr. Veit Dresely und Koordinator Dr. Christoph Sommerfeld unternahmen am Donnerstag mit Medienvertretern einen Rundgang über die 3,5 Hektar große bisher freigelegte Ausgrabungsstätte. Schlüssig ist die Frage noch nicht zu beantworten, so Dresely, aber: "Die wissenschaftliche Auswertung der Funde nimmt wesentlich mehr Zeit in Anspruch als die Grabung selbst. Und wir wollen sorgfältig vorgehen."
Für die Theorie der Totenstadt spricht die Gesamtzahl der gefundenen Skelette, es sind bislang 130 Individuen. 30 Bestattungen seien in den letzten Wochen untersucht worden. Etwa 100 weitere Grabgruben sind bereits so aufgedeckt, dass sie im Sommer genau unter die Lupe genommen werden können. Darunter befindet sich auch eine Grabstelle, die mit großen Sandsteinen abgedeckt ist. Der Archäologe Torsten Schunke steht beim Anblick des Areals förmlich unter Spannung. "Wir können jetzt schon erkennen, dass die großen Steine bearbeitet worden sind. Das heißt, sie wurden nicht zufällig hier platziert. Wahrscheinlich decken sie eine viel größere Begräbnisstätte ab." Und gleich noch ein Paukenschlag. Christoph Sommerfeld weist auf eine Erdverfärbung hin, die von einem hellgrauen Rand begrenzt wird. Nur das geübte Auge des Wissenschaftlers kann darunter ein weiteres Grab erkennen. Und zwar eines, das anders ist als alle bisher entdeckten: Es könnte sich um ein hölzernes Grab handeln. Manche Bestattungsriten sind für heutige Betrachter ungewöhnlich, so die vier Hundegräber, kopflose menschliche Skelette oder Torsi ohne Extremitäten. Auf der vom Grabensystem begrenzten Fläche wurden exakt, ohne das System zu beschädigen, zwei große Pfostenhäuser gebaut, deren Grundriss einschließlich der Pfostenlöcher sehr gut erhalten ist.
Bestätigen sich alle Vermutungen und setzt man sie mit bisherigen Erkenntnissen in Beziehung, sind weitere sensationelle Aufschlüsse über das Erdwerk Salzmünde zu erwarten. So steht heute schon fest, dass das Grabensystem nicht auf einmal in seiner jetzt sichtbaren Ausdehnung entstanden ist. Es wurde immer wieder verändert, vergrößert, neue Gräben entstanden. Das Erdwerk der Salzmünder Kultur bestand von 3600 bis 3300 v. Chr. Das ist archäologisch gesehen eine kurze Zeit. "Wir haben es hier mit einer geistigen und logistischen Meisterleistung von Menschen dieser Zeit zu tun", sagt Christoph Sommerfeld.