Krieg in der Ukraine Hunderte bei Friedenskundgebung auf dem Marktplatz - Halle bereitet sich auf Flüchtlinge vor
Die Jugendorganisationen der Parteien und der Friedenskreis Halle hatten aufgerufen.

Halle (Saale)/MZ - Nur wenige Stunden nachdem die Nachricht vom Krieg in der Ukraine in Halle angekommen war, haben sich Hunderte Menschen auf dem Marktplatz versammelt, um für Frieden einzustehen. Die Bestürzung war vielen anzumerken. Zahlreiche blau-gelbe Ukraine-Flaggen und Schilder mit Solidaritätsbotschaften waren zu sehen. Einige Hallenser hatten auch Blumen mitgebracht.

Der Beginn des Krieges sei wie ein „böses Erwachen“, sagte ein Redner. Eine junge Ukrainerin, die ebenfalls ans Mikrofon getreten war, warnte davor, Desinformationen über den Krieg zu streuen. Auch Katharina Brederlow (SPD), Halles Beigeordnete für Bildung und Soziales, war zur Kundgebung gekommen. Es sei „toll und wichtig für Halle“, dass sich so viele Menschen auf dem Marktplatz versammelt hätten, sagte sie.

In Halle leben mehr als 800 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Auch Yana Mark, FDP-Stadtratsfraktionsvorsitzende hat ukrainische Wurzeln und ist persönlich betroffen. „Ich habe noch viele Bekannte und Freunde dort“, sagt sie. Mark ist in der ukrainischen Großstadt Dnipro aufgewachsen, spricht Russisch und hat in der Schule Ukrainisch gelernt. Als sie acht Jahre alt war, hat sie das Land gemeinsam mit ihren Eltern und Großeltern verlassen, um sich in Deutschland eine neue Existenz aufzubauen. „Meine Familie wollte damals sehen, welche Chancen es für sie in Europa gibt“, erzählt sie. Die Kontakte in die Heimat hat sie jedoch nicht abreißen lassen, Teile der Familie leben auch in Russland.
„Zwischen den Völkern gibt es keinen Konflikt“, berichtet Mark. Im Gegenteil: Viele Ukrainer würden Russisch sprechen oder die Sprache zumindest verstehen. Die Ukraine sei zugleich slawisch und europäisch geprägt. Laut der liberalen Politikerin will Putin mit seinem Angriff seine Macht demonstrieren: „Im Moment hat Russland kein reales Gegengewicht.“ Sie hofft, dass die europäischen Staaten nun zusammenstehen und die Ukraine unterstützen.
Ein deutliches Zeichen der Solidarität hat auch Moritz Götze gesetzt. Halles international renommierter Künstler hat eine selbstgemalte Flagge der Ukraine aus seinem Fenster gehängt. „Es geht mir sehr nahe“, sagt er. Er sei oft auf Künstlerreisen in dem Land gewesen, habe dort viele Freunde. „Auf einmal“, so Moritz Götze, „ist alles in Frage gestellt: der Frieden - nicht nur in der Ukraine“.
Die hallesche Stadtverwaltung bereitet sich nun darauf vor, humanitäre Hilfe zu leisten, wenn in den nächsten Wochen möglicherweise Flüchtlinge in Halle ankommen. „Wir wollen als Stadt unseren Beitrag leisten“, sagt Bürgermeister Egbert Geier (SPD) auf MZ-Anfrage. „Wir stehen fest an der Seite der Demokratie.“ Der Beginn des Krieges habe ihn geschockt, so Geier weiter.
Welche Folgen die russische Invasion für die hallesche Wirtschaft haben könnte, lasse sich im Moment mangels Informationen noch nicht abschätzen, sagte Markus Rettich, Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Wir wissen noch nicht, ob es Sanktionen gibt und welche das sein werden.“ In den ersten Stunden nach dem Angriff habe es allerdings auch noch keine Anfragen aus Firmen der Region dazu gegeben.
In der nächsten Woche werde der IHK-Arbeitskreis Außenwirtschaft zu einer regulären Beratung zusammenkommen, kündigte Rettich an. Er gehe davon aus, dass dann auch das Thema Ukraine zur Sprache kommt.
Die Kundgebung am Donnerstag endete mit dem Abspielen der ukrainischen Nationalhymne und mit Applaus.