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Homeschooling und Abstand Homeschooling und Abstand: Leiter des TMG zieht nach turbulenten Schuljahr Resümee

Von Oliver Müller-Lorey 21.07.2020, 13:02
Thomas Gaube Leiter des TMG und gleichzeitig Chef des Landesphilologenverbandes, glaubt, dass Deutschland schultechnisch nicht auf die Krise vorbereitet war.
Thomas Gaube Leiter des TMG und gleichzeitig Chef des Landesphilologenverbandes, glaubt, dass Deutschland schultechnisch nicht auf die Krise vorbereitet war. Günter Bauer

Halle (Saale) - Es war im März dieses Jahres, noch bevor der erste bestätigte Coronafall in Halle gemeldet wurde, als die Ankunft zweier Schulklassen in Halle für Aufregung sorgte. Schüler des Christian-Wolff-Gymnasiums in Neustadt und des Thomas-Müntzer-Gymnasiums Giebichenstein (TMG) kamen aus ihren Skilagern in Italien - einem Corona-Hotspot - zurück. Mit an Bord: Thomas Gaube, Leiter des TMG und gleichzeitig Chef des Landesphilologenverbandes. Wie alle anderen Rückkehrer wurde er direkt bei der Ankunft untersucht und in eine zweiwöchige Quarantäne geschickt. „Aber ich dachte mir schon, dass es nicht bei zwei Wochen bleiben wird, sondern die Folgen von Corona viel größer sein werden als sich viele vorstellten.“

Deutschland war auf diese Krise, was die Schule betrifft, nicht vorbereitet

Nun sind drei Monate vergangen und der neuartige Virus hat tatsächlich alles auf den Kopf gestellt. Auch in Gaubes Schule und allen anderen Einrichtungen im Land, für deren Lehrer er spricht. „Ich glaube, wir haben alle gemerkt, dass Deutschland auf diese Krise, was die Schule betrifft, nicht vorbereitet war“, sagt er. „Das hat jeder gespürt.“ Das größte Problem sei die Ausrüstung an den Schulen gewesen. Weniger die gesundheitstechnische, denn Trennwände oder ähnliches seien ohnehin nicht praktikabel. 

Gaube spricht von der technischen Ausrüstung, etwa einer einheitlichen digitalen Lernplattform. Die gebe es an den meisten Schulen schlicht nicht, was zu abenteuerlichen Szenen geführt habe. „Lehrkräfte mussten mit ihren privaten Arbeitsmaterialien, ihrem privaten Scanner, Handy oder Laptop Unterrichtsmaterialien zusammenstellen“, sagt der Pädagoge. Dabei sei viel Zeit, die man in die Betreuung der Schüler hätte investieren können, verloren gegangen.

Klare Forderung an die Politik: Bessere und mehr Ausstattung

Ein weiteres Problem sei der Datenschutz. Wenn er sehe, was in Videokonferenzen, die auf Rechnern außerhalb Deutschlands zwischengespeichert oder ausgewertet werden, gesprochen werde, mache er sich große Sorgen. Und selbst wenn Schüler und Lehrer nur schriftliche Dokumente austauschen würden, sei das schon bedenklich, weil auch sie ausgewertet werden könnten.

Gaube hat daher eine klare Forderung an die Politik: „Die Ausstattung ist überhaupt nicht ausreichend. Ich erwarte, dass das Land jetzt endlich aus der Konzeptions- und Redephase herauskommt.“ Es brauche eine Kommunikationsplattform mit Servern in Deutschland.

Veränderungen durch Corona: Keine Masken im Unterricht

Nun sind erst einmal Ferien. Für die Zeit danach wünscht sich der Schulleiter wieder möglichst schnell einen regulären Unterricht. Auf Dauer seien Systeme, wie Schüler in A- und B-Gruppen zu unterteilen und wochenweise zu unterrichten nicht praktikabel. „Fernunterricht ersetzt keine Schule. Schule lebt von sozialen Kontakten“, so Gaube.

Wie vor der Pandemie wird der Schulalltag aber wohl auch nicht aussehen, selbst wenn alle Schüler wieder zum Präsenzunterricht erscheinen. In den Fluren sei es sicher gut, wenn Schüler und Lehrer Masken tragen, sagt Gaube. Im Unterricht könne er sich das nicht vorstellen. „Man muss aber sagen, dass der ganz überwiegende Teil der Schüler sehr verantwortungsbewusst ist - zumindest auf dem Schulgelände. Was vor dem Schultor passiert, darauf haben wir keinen Einfluss.“

„Hinter uns liegt zweifelsohne ein besonderes Schuljahr“

Was die Leistungen bei den Prüfungen anbelangt, geht Sachsen-Anhalts Philologenvorsitzender davon aus, dass die meisten Klausuren im Umfang angepasst, also reduziert wurden und die Schüler eine faire Chance haben. Das bestätigt die Durchschnitts-Abiturnote, die das Bildungsministerium am Freitag bekanntgab. Sie liegt wie im Jahr zuvor bei 2,3. Lediglich der Anteil der nicht bestandenen Abiprüfungen stieg von 5 auf 5,3 Prozent.

„Hinter uns liegt zweifelsohne ein besonderes Schuljahr“, sagte Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Es sei im Rückblick richtig gewesen, die Schulen zwecks Vorbereitung zuerst für die Schüler zu öffnen, denen Abschluss- und Abiturprüfungen bevorstanden. (mz)