Hochzeitsreise mit dem Motorrad Hochzeitsreise mit dem Motorrad: Hallenser aus Stadteil Dölau besitzt seit 72 Jahren den Führerschein
Halle (Saale) - Welcher Dölauer besitzt den ältesten Führerschein? Diese Frage bekamen die Bewohner des halleschen Ortsteils in der Dölauer Zeitung gestellt. Gut ein Dutzend Leute sind etwa 60 Jahre oder mehr im Besitz eines Führerscheins. Einsame Spitze ist jedoch Karl-Heinz Thate, der am 9. Oktober 1947 seine Fahrprüfung fürs Motorrad ablegte und damit auf 72 Jahre Führerscheinbesitz kommt.
90-Jähriger Dölauer: „Wenn es nicht mehr geht, höre ich auf"
Noch immer steht ein gut gepflegter Pkw, Baujahr 1999, in seiner Garage. Thate setzt sich auch noch selbst ans Steuer. Der 90-Jährige lässt sich dabei von der Vernunft leiten. „Man muss wissen, was man noch kann und was nicht“, lautet sein konsequentes Prinzip. „Wenn ich merken sollte, dass es nicht mehr so geht, höre ich auf, selbst zu fahren“, sagt er. Auf keinen Fall möchte er an einem Unfall Schuld haben.
Schließlich ist er schon zu DDR-Zeiten immer unfallfrei gefahren und zeigt die damals übliche Stempelkarte vor, auf der es keinen einzigen Eintrag gibt. Auch im Verkehrszentralregister in Flensburg habe er nie einen Punkt bekommen, erzählt er. Karl-Heinz Thate ist ein waschechter Dölauer. Er wuchs im Haus neben dem der Familie von Hilmar Thate auf. Der 2016 verstorbene berühmte Schauspieler war sein Großcousin. Karl-Heinz Thate selbst ist Sohn des Architekten Otto Thate, der unter anderem das Dölauer Pfarrhaus erbaute, wie auch mehr als ein Dutzend weitere Gebäude in dem 1950 nach Halle eingemeindeten Ort.
Dölauer besitzt seit 72 Jahren Führerschein
„Nach dem Krieg brauchte mein Vater, der Architekt, unbedingt ein Fahrzeug für seine Arbeit. Zunächst schaffte er sich ein Motorrad an und richtete dann ein altes Auto wieder her“, blickt Karl-Heinz Thate zurück. Als das fahrtüchtig war, habe er als Sohn seinen Führerschein gemacht, um die DKW mit Handschaltung zu übernehmen. Damals war er 18 Jahre alt und wollte eigentlich nie noch eine Fahrerlaubnis für den Pkw erwerben.
Mit der DKW, später einer Jawa und schließlich mit einer MZ machte Thate sogar Urlaubsreisen, meist in den Harz. Als Gepäck wurde nur das mitgenommen, was in den Rucksack passte, der die ganze Fahrt über auf dem Rücken transportiert wurde. 1957 fuhr er mit dem Motorrad bis nach Köln zur Gartenausstellung. „Selbst meine Hochzeitsreise fand mit dem Motorrad statt“, sagt er und erinnert sich daran, dass auf der Reise die Kupplung riss und er ohne diese weiter fuhr. Seine Frau sei mit dem Rucksack auf dem Rücken nach dem Anfahren immer erst ein Stück nebenher gelaufen und dann auf die Maschine aufgesprungen.
Erst Führerschein für das Motorrad, dann für das Auto
Thate, der Ingenieur im Hochbau war und als solcher bei der Wasserwirtschaft und zuletzt im Tiefbaukombinat gearbeitet hat, absolvierte sogar Dienstreisen zu Projektierungsabteilungen in Gera und Plauen mit dem Zweirad. Erst Mitte der 80er Jahre, als seine 1992 verstorbene Frau nicht mehr auf dem Motorrad mitfahren wollte, machte er auch den Führerschein fürs Auto. „Ich erwarb einen gebrauchten Trabi, der äußerlich ganz gut aussah, aber in vielerlei Hinsicht defekt war“, so Thate. Wie das zu DDR-Zeiten üblich war, kannte er jemanden, der das Gefährt in Feierabendarbeit wieder auf Vordermann brachte.
„Goldene Lenkrad“ für Dölauer
Auch nach der Wende, dann natürlich mit einen anderem Auto, ist Thate viel mit dem Auto unterwegs gewesen - bis zum Gardasee in Italien oder zum Urlaub in die Berge in Österreich beispielsweise. „Nur Linksverkehr bin ich nie gefahren. Das habe ich mir nicht zugetraut“, erzählt er. Das „Goldene Lenkrad“ bekommt Karl-Heinz Thate bei einer Verkehrsschulung für Senioren im Waldhotel in Dölau überreicht.
Diese Verkehrsschulung, die kostenfrei stattfindet und offen für jedermann ist, knüpft an die Traditionen des 1960 gegründeten und bis 2002 bestandenen Dölauer Verkehrssicherheitsaktivs an. Als Referent für die Veranstaltung konnte ein erfahrener Fahrlehrer der Fahrschule Reimertshofer aus Halle gewonnen werden. (mz)
Die Schulung für Senioren findet am Montag, 6. Mai, 17 Uhr, im Waldhotel, Otto-Kanning-Straße 57 statt.