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Hochwasser 2013 Hochwasser 2013: Drei Jahre später entpuppt sich die Flut als Segen

Von Steffen Könau 03.06.2017, 09:00
Ein Brücke, über die das Wasser fließt: In der halleschen Klausvorstadt zeigte die Saale mehrere Tage, dass sie kein harmloses Flüsschen ist.
Ein Brücke, über die das Wasser fließt: In der halleschen Klausvorstadt zeigte die Saale mehrere Tage, dass sie kein harmloses Flüsschen ist. Steffen Könau

Halle (Saale) - Land unter. In diesen Junitagen vor vier Jahren ist das Wasser zuerst ein beliebtes Ausflugsziel. Es ist Sonntag, bester Frühsommersonnenschein. Die weiten überfluteten Flächen am Rande von Halle werden von Hunderten bestaunt. Ein Pilgerzug, der sich mit Kind und Hund dorthin bewegt, wo früher Flussufer waren. Jetzt stehen hier Feuerwehrfahrzeuge und THW-Männer wuchten Sandsäcke von Lkw. Polizisten machen Durchsagen, doch bitte die Arbeiten nicht zu behindern.

Mit Schippen und Sandsäcken gegen die Wassermassen

Es wirkt alles nicht ernst. Ein Hochwasser eben wie Sachsen-Anhalt es alle paar Jahre mal erlebt. Die Wiesen werden nass. Danach liegt Saaleschlamm auf den Feldern und Wegen. Ein paar Häuser unten im Saaletal saufen immer ab. Nichts, was die Mehrheit der Bürger irgendwie tragisch nimmt.

Diesmal aber ist alles anders. Denn nach dem ersten Flutsonntag folgt erst die richtige Flut. Nicht nur die Ränder der Stadt stehen unter Wasser, es schwappt in die Innenstadt. Katastrophenalarm. Tausende Jugendliche stehen am Gimritzer Damm und in der Klausvorstadt in Halle, aber auch in Dessau, Magdeburg und Bernburg mit Schippen und Sandsäcken im Kampf gegen die Fluten. Menschen werden in Sicherheit gebracht. Die Händel-Festspiele abgesagt.

Es ist eine Jahrhundertflut und sie schwemmt Träume davon. Die Fahrradmanufaktur Zonenschein wird weggespült. Dem Architekten Jo Schaller und dem Keramik-Künstler Tilman Beyer zerstört das Wasser alles, was sie in Jahren aufgebaut haben. Die bis nach Hollywood erfolgreiche Tonschmiede Metrix von Olaf Mehl steht vor einem Berg zerstörter Ausrüstung. Andreas Werkling und Frank Busch, die mit Mitgliedern der Saalebulls und freiwilligen Helfern tagelang versucht hatten, die Eissporthalle in Halle zu retten, verzweifelten vor den Trümmern der halleschen Eishockey-Tradition.

Zehntausende Tonnen Schlamm

Aber auch die Städte und Gemeinden leiden, wie sich zeigt, als das Wasser Ende Juni wieder verschwunden ist. Straßen sind unterspült, Dämme und Deiche nicht mehr stabil. Zehntausende Tonnen von Schlamm liegen im Kurpark in Bernburg, auf der halleschen Peißnitzinsel und im Wörlitzer Park. Brücken sind beschädigt, Sportplätze unbespielbar, Hallen angegriffen und Elektroinstallationen nicht mehr zu gebrauchen.

Allein in Sachsen-Anhalt klagen 1.700 Wirtschaftsunternehmen und 600 Landwirtschaftsbetriebe über Flutfolgen. Insgesamt gehen die Schätzungen in den ersten Wochen nach der Katastrophe in den Bereich von acht Milliarden Euro Schaden deutschlandweit. Rund eine Milliarde davon reklamiert Sachsen-Anhalt aus dem Fluthilfefonds, den Bund und Ländern noch im Juni 2013 auf die Beine stellen.

Aus dem Hochwasser wird eine Konjunkturmaßnahme

Eine Weichenstellung, die in den drei Jahren seitdem zu einer kleinen Sonderkonjunktur im Land geführt hat. Denn nach der Flut kam der warme Regen: Knapp eine Milliarde Euro aus den Fluthilfefonds wurden bewilligt. (mz)

Die Landfassung dieses Artikels erschien im Juni 2016 in der MZ.

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