Schauspieler wird 65 Hilmar Eichhorn: Was Hilmar Eichhorn nach dem nt-Engagement plant

Freital - „Hier sitze ich am liebsten im Sommer“, sagt Hilmar Eichhorn lachend. Von der Terrasse seines Hauses auf einem früheren Weinberg blickt der Theater- und Filmschauspieler in die Hügellandschaft um Freital südlich von Dresden. Vor zehn Jahren ist er wieder in die Nähe seiner Geburtsstadt gezogen. „Ich liebe meine Heimat, die Sprache“, sagt der Künstler, der seit 1992 zum Ensemble des Neuen Theaters in Halle (Sachsen-Anhalt) gehört und an diesem Sonntag (18. August) 65 Jahre alt wird.
„Die Pendelei hört im nächsten Frühjahr auf“, sagt er. Sein Vertrag in Halle läuft noch für eine Spielzeit. „Dann ist das aktive Theaterleben vorbei und ein neuer Abschnitt beginnt.“ Von Ruhestand will er nichts wissen. „Das klingt, als ob man gleich eingeschläfert wird“, sagt er. Sein Lachen lässt seine blauen Augen dabei fröhlich wirken. „Aber ich will freier sein.“ Immerhin steht er seit mehr als 40 Jahren auf der Bühne, vor Kamera oder Mikrofon und arbeitet auch als Regisseur. „Das ist der Luxus an der Rente, die Freiheit, mir auszusuchen, was ich möchte und machen will.“
Hilmar Eichhorn: „Ich hab' Erfolg gehabt und Glück.“
Der 1,82 Meter große Künstler, der als Sohn einer Malerin am Loschwitzer Elbhang aufgewachsen ist, blickt zufrieden zurück. „Ich hab' Erfolg gehabt und Glück.“ Dabei war sein erster Versuch an der späteren Schauspielschule Ernst Busch in Berlin gescheitert. „Die wollten mich nicht wegen Unreife.“ In der Maschinenschlosserlehre fällt er, wie früher in der Schule, nicht durch Ehrgeiz auf. Ein Jahr später überzeugt sein Talent, das er schon in der Schule unter Beweis stellte.
Der junge Mann findet seine Berufung dann in der Schauspielerei. 1974 ist er noch als Student der junge Goethe im Film der Deutschen Film AG (Defa) „Lotte in Weimar“, neben Lilli Palmer und Katharina Thalbach. Später dann Georg Büchner in „Addio, piccola mia“ und 1981 der Heißsporn Udo in der TV-Serie „Jockei Monika“. Die Rolle des jugendlichen Liebhabers, der das Pferdemädchen Monika umwirbt, macht den Lockenkopf bekannt und zum Publikumsliebling.
Hilmar Eichhorn bekommt Ausreiseantrag aus der DDR genehmigt
„Ich werde noch immer darauf angesprochen“, erzählt der 1,82 Meter-Mann. 1982 sticht er mit dem damaligen Teenie-Schwarm Dean Reed einen Großen der Zunft beim Filmpreis der Jugendzeitschrift „neues leben“ aus. „Vom Typ her bin ich mehr Komödiant, zum Glück aber nie in eine Schublade gesteckt worden.“ Vor allem Theater habe er immer in großer Bandbreite spielen können. Zuerst am Theater Magdeburg, dann am Deutschen Theater Berlin und ab 1982 am Landestheater Halle sowie bis Anfang 1989 am Schauspielhaus Leipzig.
Dann wird sein 1987 gestellter Ausreiseantrag aus der DDR genehmigt und er geht mit Familie nach Hamburg – fünf Monate vor dem Mauerfall. „Ich hatte damals mit Anfang 30 das Gefühl, wie andere auch, nicht mehr weiterzukommen“, erinnert er sich. Statt in die innere Emigration zu gehen, wollte er weg. „Ich habe nicht eingesehen, dass ich durch den Zufall der Geburt ausgesperrt von der Welt sein sollte, nicht nur territorial, sondern auch kulturell.“ 1990 bis 1992 ist er am Nürnberger Theater engagiert.
Dann bietet Kollege Peter Sodann ihm einen Vertrag als Schauspieler und Regisseur in seinem Neuen Theater in Halle an - und Eichhorn geht in den Osten zurück. Daneben spielt er in Fernseh- und Kinoproduktionen Haupt- und Nebenrollen, etabliert sich als Ermittler Jost Fischer im ARD Radio Tatort. Zusätzlich inszeniert er mit Freuden, wie man ihm beim Erzählen ansieht, und tourt mit sächsischer Mundartdichtung.
Hilmar Eichhorn als Emil Jannings im Kriegsfilm „Inglourious Basterds“
Eichhorn ist ein Mime aus Leidenschaft. Das merkt man vor allem auf der Bühne. Dort reicht sein Repertoire von einem kraftstrotzenden, rücksichtslosen Protagonisten in „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ über einen tragischen „Richard III.“ bis zum Derwisch in Lessings „Nathan der Weise“. In seiner Filmografie finden sich „Tatort“, „Polizeiruf 110“ oder die Serie „In aller Freundschaft“. Auch „Russendisko“, „Sushi in Suhl“ und „Der Turm“ zählen dazu.
Einmal hat es sogar mit Hollywood geklappt - als Emil Jannings im Kriegsfilm „Inglourious Basterds“: „Als der Anruf meiner Agentur kam, dass Quentin Tarantino mich treffen will, hielt ich das für einen Scherz“, erinnert sich der 64-Jährige. Der Regisseur sei am folgenden Tag der erste gewesen, den er in Potsdam-Babelsberg gesehen habe. „„Da ist mein Jannings“, hat er zu mir gesagt.“ An die Zusammenarbeit mit Tarantino erinnert Eichhorn gut. Er habe ihm das vorgespielt, was er wollte. „Er ist ein positiv Verrückter“, sagt Eichhorn.
„Ich habe so viele Rollen gespielt, das reicht für zwei Biografien“, fasst er zusammen. Zuletzt gab er einen FKK-Zeltplatzbetreiber an der Ostsee für den TV-Film „Ella Schön: Die nackte Wahrheit“. Künftig sichert die Rente die Existenz. Wenn die Gesundheit mitmacht, will er aber nach Lust und Laune dem Beruf frönen. Und ins Fitnessstudio gehen. „Es gibt neue Projekte“, sagt Eichhorn, ohne Näheres zu verraten. „Aber Hollywood hat noch nicht wieder angerufen.“ (dpa)