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Diskussion Herdergymnasium Halle: Warum die Schule über eine Umbenennung zu Genscher-Schuler diskutiert

Von Detlef Färber 04.11.2016, 14:15
Nicht nur eine der bekanntesten sondern auch eine der schönsten halleschen Schulen ist das Herdergymnasium.
Nicht nur eine der bekanntesten sondern auch eine der schönsten halleschen Schulen ist das Herdergymnasium. Günter Bauer

Halle (Saale) - Es tut sich was in Sachen Genscher. Während es in der Stadt weiterhin keine konkreten Ergebnisse gibt bei den diversen Gedankenspielen rund um die Frage, wie Halle künftig seines weltberühmten und bereits vor sieben Monaten verstorbenen Ehrenbürgers zu gedenken gedenkt, gibt es zumindest in der von Hans-Dietrich Genscher einst besuchten Schule schon länger dahingehende Initiativen.

Wie aus der Lehrerschaft zu erfahren war, hat sich unter Lehrern, Schülern und Eltern eine Initiative „Wir für Genscher“ etabliert. Diese Initiative will auch schon beim Absolvententreffen am Wochenende sowie beim Tag der offenen Tür am 18. November (15.30 bis 18.30 Uhr) ihr Anliegen artikulieren und darüber mit Besuchern diskutieren.

Beschluss einer Gesamtkonferenz nötig

Freilich bedarf eine Umbenennung des Gymnasium des Beschlusses einer Gesamtkonferenz der Schule, zu der dann Lehrer, Eltern und Schülervertreter ebenso gehören wie ein Vertreter der Stadt. Diese Konferenz tritt Ende dieses Monats zusammen. Erste Bemühungen in Richtung Umbenennung seien aber schon seit Ende des vergangenen Schuljahres im Gange, so heißt es.

Es wäre übrigens nicht die erste Umbenennung dieser prächtigen Gründerzeitschule, die im Jahr 1909 als Reformgymnasium gegründet worden ist. 1913 bezog die Schule dann den Neubau in der Friesenstraße. Zu den ersten Schülern gehörte ein neunjähriger Knabe namens Reinhard Heydrich (1904-1942), der das Gymnasium bis 1922 besucht hat und in seinem späteren Leben als ranghoher Nazi und SS-General zum Organisator des Völkermords an den Juden wurde.

Meistbesuchte Knabenschule der Stadt

Die zeitweise „meistbesuchte Knabenschule der Stadt“ ist im Jahr 1937 in Friedrich-Nietzsche-Schule umbenannt worden - genau zu der Zeit, als Hans-Dietrich Genscher dort gelernt hat. Seither hat das Thema Umbenennung - ob politisch oder bildungspolitisch bedingt - die Schulgeschichte fast permanent begleitet. 1947 folgte die Umbenennung in Friedrich-Engels-Schule, zwei Jahre später fusionierte die Lehranstalt mit de Ina-Seidel-Schule, 1955 kam der Namenszusatz Kinder- und Jugendsportschule hinzu und 1969 zog die „Dr. Kurt Fischer-Schule“ ins Gebäude.

Erst 1991, nach erfolgten Sanierungsarbeiten und neuerlichem Erhalt des Status’ Gymnasium, schien ein dauerhafter Name gefunden: Johann-Gottfried Herder, was schnell zu der unter den Gymnasiasten gebräuchlichen, liebevollen Abkürzung „Jo-Go“ für „das Herder“ führte.

Genscher nahm Kontakt auf

Schon kurz nach der Wende von 1989 hat Genscher den Kontakt zu seiner alten „Penne“ wieder aufgenommen und ihn nicht wieder abreißen lassen. Er hat die Schule mehrfach besucht, ihre Entwicklung interessiert verfolgt, auf vielfache Weise begleitet und unterstützt. So habe er, wie zu erfahren war, sogar die Schuluhr finanziert. Mit gefeiert hat Genscher 2013 auch beim Hundertjahresfest seiner alten Schule.

Dass hier die Ausbildung eines Mit-Architekten der deutschen und europäischen Einheit begonnen hat, dürfte auch künftigen Gymnasiasten-Generationen ein Ansporn sein. Die Chance, dieses Stück Schulgeschichte image- und motivationsfördernd im eigenen Namen zu verankern, kann sich eine höhere Schule eigentlich nicht entgehen lassen. (mz)

Genscher als Außenminister
Genscher als Außenminister
dpa