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Haustiermuseum Halle zeigt einmalige Sammlung Haustiermuseum Halle zeigt einmalige Sammlung: Tausende Knochen von Schaf und Rind

26.03.2015, 09:07
Das Skelett eines Holländer Rindes von 1888 betrachtet die Leiterin des Museums für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität, Dr. Renate Schafberg, in Halle.
Das Skelett eines Holländer Rindes von 1888 betrachtet die Leiterin des Museums für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität, Dr. Renate Schafberg, in Halle. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Nadja Pöllath dreht den Karakulschaf-Knochen hin und her. Sie legt ihn auf Schaumstoff unter eine Lampe. Sie fotografiert, misst und notiert. Um die Wissenschaftlerin herum liegen weitere Skelettteile, zu ihren Füßen stehen Kisten und Tüten mit großen und kleinen Knochen.

Die Archäozoologin von der Ludwig-Maximilians-Universität München beschäftigt sich mit der Domestikation des Schafs, also seiner Wandlung vom Wild- zum Haustier. Zwei Kolleginnen hat sie mit nach Halle gebracht, wo es eine nach eigenen Angaben weltweit einzigartige Sammlung an Skeletten gibt. Sie ist speziell dem Nutztier gewidmet, ein kleiner Teil der Sammlung ist im Museum für Haustierkunde „Julius Kühn“ zu sehen.

Für Pöllath ist das ein Segen. „Es ist unglaublich, was Kühn damals für eine Weitsicht hatte“, sagt die Tieranatomie-Expertin. „Alles so zu präparieren, um es so lange lagern zu können, ist beeindruckend.“ Die sorgsam archivierten Exponate - immerhin rund 2000 Schafe, 700 Rinder, 400 Schweine und ein paar Pferde - sind das Ergebnis einer mehr als 145-jährigen Sammlungstätigkeit.

„Von 1863 bis 1969 unterhielt das Landwirtschaftliche Institut der Universität Halle-Wittenberg einen Haustiergarten“, sagt Kustodin Renate Schafberg. „Da stammt das Material her.“ Etwa ein Prozent ist museal aufgearbeitet, der Rest versteckt sich in Kisten mit Aufschriften wie „Banteng Rind, Nr. 270, männlich“.

Vater der Sammlung ist Institutsgründer Julius Kühn (1825-1910), ein Pflanzenexperte mit einem ausgeprägten Faible für Schafe - und wegen des Haustiergartens ein Pionier in der Tierzuchtforschung. Bis heute erweitert sich die Sammlung, wenn auch in einem überschaubaren Ausmaß. „Wir arbeiten mit Tierzuchtverbänden und Agrarbetrieben eng zusammen“, sagt Schafberg, die Biologin ist.

Nummerierte Knochenkisten

Seit 2008 leitet sie das kleine Museum, das mit der Sammlung in einem ehemaligen Stall untergebracht ist. Es ist ein langgezogenes Fachwerkgebäude, das aus der Zeit gefallen scheint. 1988 öffnete es, jährlich kommen zwischen 2000 und 2500 Besucher. In dem Stall ist auch das Magazin mit den nummerierten Knochenkisten untergebracht.

„In den Depots ist es zu feucht und zu kalt“, sagt Schafberg. Auf dem Tisch steht ein Gerät, das eine Raumtemperatur von 7,5 Grad und eine Luftfeuchte von 77 Prozent ausweist. Zwei Klimageräte surren rund um die Uhr. „Ohne würde es nicht gehen“, sagt die 48-Jährige. Deshalb soll das Magazin bald in andere Räume umziehen.

Auf den rund 300 Quadratmetern Ausstellungsfläche gibt es vor allem eins zu sehen: Skelette und Schädel. Zum Beispiel das Schwarzbunte Milch-Rind Betty, dessen Schädel, Schulter- und Bauchgürtel sowie der beeindruckende Hinterfuß drapiert sind. Betty, so sagt es die Infotafel, lebte von März 1972 bis Januar 1991. „Eine Rekord-Kuh“, sagt Schafberg. 18 Kälber bei 17 Geburten hat sie vorzuweisen, außerdem Arthrose und Parodontose. In anderen Räumen geht es um Schafe, auch Pferd, Esel und Hund werden thematisiert. „Wir sind wirklich gut aufgestellt“, sagt Schafberg. „Aber es fehlt Geflügel und bei den Ziegen könnte es besser sein.“

Laut Hans-Jörg Rösler, Geschäftsführer des Schafzuchtverbandes Sachsen-Anhalt, wurde durch die Haustier-Skelettsammlung auch eine Besonderheit für die Nachwelt konserviert. „Alle Karakulschafe in Deutschland gehen auf einen Bock zurück“, sagt Rösler. „Und seine Knochen sind alle noch da.“ Ein Blick in ein altes Zuchtbuch gibt Aufschluss: Im Januar 1913 wurde das namenlose Tier mit der Nummer 263 von Kühn angeschafft, im November 1916 starb es. „Wir haben da wirklich echte Schätze zu liegen.“ Das Karakulschaf ist eine der ältesten Haustierrassen der Welt. Das Deutsche Karakul ist die „Gefährdete Nutztierrasse des Jahres 2015.“ (dpa)

Skelette verschiedener Schafrassen liegen zu Forschungszwecken im Museum für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität in Halle.
Skelette verschiedener Schafrassen liegen zu Forschungszwecken im Museum für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität in Halle.
dpa Lizenz
Schädel verschiedener Schafrassen sind im Museum für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität in Halle ausgestellt.
Schädel verschiedener Schafrassen sind im Museum für Haustierkunde der Martin-Luther-Universität in Halle ausgestellt.
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