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Handwerksbetrieb mit Familientradition Handwerksbetrieb mit Familientradition: Michael Liesegang betreibt Konditorei in dritter Generation

Von Silvia Zöller 26.10.2014, 18:03
Egal ob Windbeutel oder Mohntorte: Bei Anke und Michael Liesegang ist alles in Handarbeit hergestellt.
Egal ob Windbeutel oder Mohntorte: Bei Anke und Michael Liesegang ist alles in Handarbeit hergestellt. Günter Bauer Lizenz

Lieskau - Der Name Michael Liesegang steht für einen Rekord: Mit 21 Jahren machte er die Meisterprüfung und war damit der jüngste Konditormeister Deutschlands. „Das war damals in der Wendezeit mit einer Ausnahmeregelung möglich. Ich habe nur zwei Gesellenjahre absolviert“, sagt der 44-Jährige, der in dritter Generation die Konditorei in Lieskau betreibt, die sein Großvater Hermann Liesegang 1952 gegründet hat.

Damit führt er eine Tradition fort, die in der Region immer seltener geworden ist: In ganz Sachsen-Anhalt gibt es nur noch 60 Konditoreien, in Bayern dagegen noch 485. Als stellvertretender Landesinnungsmeister kennt er die Zahlen gut und bedauert, dass immer mehr Betriebe schließen müssen.

Seit 62 Jahren werden dagegen kontinuierlich Kuchen in der Lieskauer Backstube gebacken. Das heißt, nicht ganz so lange: Opa Hermann, der in den 30er Jahren in der halleschen Konditorei Hopfgarten das Handwerk erlernt hat, machte sich nach dem Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft 1952 zunächst als Eismann selbstständig. „Er stellte das Eis her und fuhr mit einem Fahrrad und Anhänger übers Land“, erzählt Michael Liesegang. Wieso er gerade in Lieskau seinen Betrieb gründete, ist leicht zu erklären: Aus dem Saalekreisort stammte seine Frau, die Großmutter von Michael Liesegang. „Viele ältere Gäste können sich noch an meinen Opa und seinen Eiswagen erinnern“, sagt Liesegang. Mitte der 50er Jahre richtete sich Hermann Liesegang eine Backstube ein, in der sein Sohn Tomas auch in die Lehre beim Vater ging. 1975, zu dessen zehnjährigen Meisterjubiläum, übergab der Firmengründer den Betrieb an seinen Sohn. Seit 1997 ist Michael Liesegang der Chef.

Handwerksbetriebe mit Familientradition aus Halle und Umgebung stellt die Mitteldeutsche Zeitung in einer neuen losen Serie vor. Im Mittelpunkt stehen Familienunternehmen, die seit mehreren Generationen vor Ort sind. Bisher ist kein Archiv bekannt, in dem Familienbetriebe recherchierbar sind. Daher freuen wir uns auf Hinweise zu alten Handwerksbetrieben in der Region: [email protected] (szö)

„Noch bis 1976 hat mein Großvater in der Backstube gearbeitet“, weiß Michael Liesegang. Und auch heute noch ist der Opa, der 1994 verstorben ist, immer ein wenig präsent. Denn sein Enkel backt vieles noch nach den alten Rezepten, mit denen sich Hermann Liesegang einen Namen gemacht hatte. Das sind alle Kuchenböden, die Schwarzwälder Kirsch-Torte, die Käse-Sahne-Torten oder die Nusstörtchen. „Und auch den Stollen backen wir seit 50 Jahren nach demselben Rezept meines Großvaters“, so Liesegang.

Und auch an eine weitere Tradition hat der Enkel angeknüpft: Er bietet wieder selbst gemachtes Eis an - das hatte sein Vater aus dem Angebot gestrichen. Damit fährt er freilich nicht mehr mit dem Fahrradanhänger übers Land. Das geht heute anders: Süße Kuchenbuffets, aber auch herzhafte Partybuffets werden von Liesegang und seinen insgesamt sieben Angestellten in der Backstube vorbereitet und mit dem Auto ausgeliefert. Neu ist auch, dass er neben Kuchen auch wieder Brot und Brötchen backt.

Schon jetzt laufen bei ihm die Pfannkuchen-Bestellungen zum Karnevalsauftakt am 11. November ein. Und das nicht nur, weil Liesegang die runden Spaß-Gebäcke auf Wunsch mit Senf, Chili oder Tabasco füllt - bis zu 3 000 Stück werden dann produziert. Vielmehr ist der Konditor auch selbst im Lieskauer Karneval aktiv und trainiert aktuell die Tanzgruppe der 1. Großen Karnevalsgesellschaft Salzatal. Auch das wahrscheinlich mit einem Rekord: Seit den 80er Jahren mischt er schon bei den Jecken mit. (mz)

Hermann Liesegang war in den 50er Jahren mit Eis und Backwaren als fahrender Konditor unterwegs.
Hermann Liesegang war in den 50er Jahren mit Eis und Backwaren als fahrender Konditor unterwegs.
Bauer/Repro Lizenz
Der Meisterbrief von Firmengründer Hermann Liesegang ist schmuckvoll gestaltet. Im Januar 1939 legte er die Prüfung vor der Handwerkskammer in Halle ab.
Der Meisterbrief von Firmengründer Hermann Liesegang ist schmuckvoll gestaltet. Im Januar 1939 legte er die Prüfung vor der Handwerkskammer in Halle ab.
Bauer/Repro Lizenz