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Halles unbekannte Brauerei

Von MICHAEL DEUTSCH 13.12.2009, 18:14

HALLE/MZ. - Ob Freyberger Brauerei, Engelhardt-Brauerei, Malzfabrik Reinicke & Co. oder Heinrich Müllers Schwemme-Brauerei: In Halle wurde ordentlich was zusammengebraut. Und heute?

Nachdem die Schad-Brauerei ihre Produktion kürzlich eingestellt hat, scheinen die Mitarbeiter der Spezialitäten-Brauerei "Kühler Brunnen" als Letzte die Stellung an der Sudpfanne gehalten zu haben. Doch falsch. Es gibt noch eine zweite Brauerei, von der kaum jemand etwas weiß. Sie liegt verborgen im Keller des Biozentrums Halle.

Die große Überraschung: Wolfgang Lukas, Geschäftsführer des Halleschen Technologie- und Gründerzentrums (TGZ), zu dem das Biozentrum gehört, ist Brauerei-Chef. Fröhlich führt der 63-Jährige durch die Anlage, die Eigentum des Biozentrums ist. Schrotmühle, Läuterbottich, Sudpfanne, Würzekühler und Lagertanks - das gesamte Equipment zum Brauen ist vorhanden und man verdankt es der Firma Bio-Energie-Consult (BEC).

Im Rahmen eines Forschungsprojektes habe die BEC, die früher im TGZ ansässig war, einst untersucht, ob sich Bierhefe trocknen und wieder aktivieren lasse. Für diese Forschungsaufgabe sei die gesamte Brauerei-Linie angeschafft worden.

Und das war natürlich verlockend. "Was lag da näher, als ein eigenes Bier zu brauen?", fragt Lukas, der diese fixe Idee mit dem BEC-Chef Professor Wolfgang Loettel umsetzte. "Mittlerweile feiern wir schon zehnjähriges Jubiläum." Der erste Gerstensaft lief so schon 1999 - allerdings noch nicht unter dem Namen Sophien-Bräu. Dieses Prädikat gibt erst seit neun Jahren.

"Wir haben lange nach einem griffigen Namen gesucht", berichtet Lukas und verweist auf den Zufall: den 60. Geburtstag von Wolfgang Loettel. Der wurde im TGZ groß gefeiert. "Und als er nach der Feier von seiner Frau mit Enkeltochter Sophie abgeholt wurde, wussten wir, nach wem wir das Bier benennen", lacht der TGZ-Chef.

Generell sei das Sophien-Bräu, das über einen Alkoholgehalt von 3,6 Promille verfüge, unverkäuflich und werde nur für den Eigenbedarf produziert. "Rund 100 Liter dieses Dunkelbieres werden monatlich gebraut, in Flaschen abgefüllt und als Werbegeschenk an Gäste oder Geschäftspartner weitergereicht", sagt TGZ-Mitarbeiter Andreas Hohner, der über das Biersteuerbuch wacht. Denn das Hauptzollamt in Magdeburg kassiert - wie bei jeder Brauerei im Land - reichlich Biersteuer.

Aus Lukas' Erfahrung lasse es sich beim Bier sowieso besser plaudern - auch geschäftlich. "Andere haben Visitenkarten, wir haben ein unvergessliches Bier", sagt er keck. Nicht alle Gäste müssten ihre Flasche erst daheim öffnen. Im engen Brauerei-Keller, in dem maximal acht Leute Platz finden, haben schon hochrangige Besucher am Sophien-Bräu genippt. Neben der SPD-Riege Kurt Beck, Sigmar Gabriel und Wolfgang Clement kehrten hier auch schon Landesvater Wolfgang Böhmer und Verkehrsminister Karl-Heinz Dähre (beide CDU) ein.

Wer als Außenstehender vom Gerstensaft aus dem Weinberg-Campus probieren will, hat nur einmal pro Jahr Gelegenheit dazu. Denn zum Neujahrsempfang der Oberbürgermeisterin sponsert das TGZ jedes Mal 150 Liter.