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„Der Garten erdet mich total“ Hallenserin freut sich über neues Glück im alten Garten

Kleingärtner müssen manchmal auch umziehen und eine andere Parzelle bewirtschaften. Warum das für Yvonne Drost eben gerade kein Problem ist.

Von Silvia Zöller 10.05.2021, 07:00
Yvonne Drost bewirtschaftet seit einem Monat einen Garten in der Anlage am Galgenberg. Doch sie hat eine lange Erfahrung im Gärtnern.
Yvonne Drost bewirtschaftet seit einem Monat einen Garten in der Anlage am Galgenberg. Doch sie hat eine lange Erfahrung im Gärtnern. Fotos: Steffen SChellhorn

Halle (Saale) - Yvonne Drost ist glücklich: Im alten Kirschbaum nisten die Stare bereits in einem Kasten, im neu angelegten Hochbeet wachsen Kapuzinerkresse, Rauke und Spinat. Und ihr achtjähriger Sohn Jurek hat sich ein eigens Beet mit Möhren, Radieschen und Erdbeerpflanzen angelegt. „Ich höre immer, dass es aufgrund der Corona-Pandemie einen Run auf Gärten gibt. Diesen hier habe ich total schnell bekommen. Ich hatte Glück“, sagt die 49-Jährige, die vielen als Mitarbeiterin im Luchskino am Zoo bekannt ist. Ihren grünen Daumen kann sie seit gut einem Monat in der Kleingartenanlage „Am Galgenberg 1“ ausleben.

Hallenserin musste alten Kleingarten wegen Baufläche räumen

Schon seit sechs Jahren ist das Gärtnern ein Hobby der studierten Historikerin. „Mein vorheriger Garten musste beräumt werden, da er Bauland geworden ist“, erzählt sie. Traurig ist sie deswegen keineswegs: Einen Stromanschluss gab es dort nicht, auch keine Laube. Hier, in der neuen Parzelle am Galgenberg bleibt zwar jede Menge zu tun – aber Yvonne Drost ist mit Eifer dabei.

„Die Vorpächterin ist 94 Jahre alt und hatte den Garten 50 Jahre lang bewirtschaftet“, berichtet sie. Gefreut hat sie sich, dass sie eine Liste mit den Namen der Obstsorten erhalten hat: So wachsen ein Apfel „Minister von Hammerstein“, ein Apfel „Belfleur“ und eine Gutedel-Weinrebe in der Parzelle. „Die ältere Dame hat sehr an dem Garten gehangen, es war für sie ein wichtiger Ort“, weiß Yvonne Drost vom Sohn der Vorpächterin. Zwar konnte die alte Dame die Parzelle zuletzt nicht mehr bewirtschaften, weshalb sie nicht im besten Zustand war – „aber sie kam manchmal hierher und setzte sich in den Garten“, erzählt Yvonne Drost.

„Es gibt auch viele junge Leute hier, die ihre Parzellen als Biogärtner bewirtschaften“

Nun bringt sie gemeinsam mit ihrem Partner und Sohn Jurek alles wieder in Schuss. Die romantische Laube wird ausgebessert, die verwilderten Beete mit Kräutern, Kartoffeln, und bald auch mit selbst vorgezogenen Tomaten bestückt. Auch wenn Yvonne Drost neu in der Anlage ist, sagt sie jetzt schon: „Die Leute hier sind nett. Ein Nachbar baut seinen Garten nach der Permakulturmethode an, ein anderer verschenkt Baldrianpflanzen, es gibt einen sehr rührigen Vorstand.“

Viele Bekannte hat Yvonne Drost schon in der rund 500 Parzellen großen Anlage entdeckt, die 1924 vom halleschen Universitätsprofessor Emil Abderhalden gegründet wurde, um sozial Schwachen den Anbau von Gemüse und Kartoffeln zu ermöglichen. „Es gibt auch viele junge Leute hier, die ihre Parzellen als Biogärtner bewirtschaften“, sagt sie.

„Der Garten erdet mich total, da habe ich alle Sorgen vergessen“

Viel Arbeit sei es, einen Kleingarten zu pflegen. „Aber schon meine Eltern und Großeltern hatten einen Garten, das ist für mich total positiv besetzt.“ Tomaten aus dem eigenen Anbau schmeckten einfach besser. „Und mein Sohn Jurek hat große Freude an schiefgewachsenen Möhren“ – wenn das kein Argument ist! Überhaupt findet sie es für Ihren Sohn schön, dass er sehen kann, woher die Lebensmittel kommen und dass das Wachstum von Gemüse ein Prozess ist: aussäen, auspflanzen, wachsen, ernten.

Schon jetzt freut sich die gebürtige Oranienburgerin auf die vielen Himbeeren, Johannisbeeren, Sauerkirschen, Pfirsiche und Äpfel, die im Sommer geerntet werden können: „Ich werde das alles verwerten und verarbeiten.“ Stress sei die Gartenarbeit keineswegs für sie. „Der Garten erdet mich total, da habe ich alle Sorgen vergessen.“ Auch mit dem Gießen im Sommer lässt sie es locker angehen, denn sie steht auf dem Standpunkt, dass Pflanzen auch einmal Trockenheit aushalten müssen. Schließlich spenden die vielen alten Bäume ja auch Schatten.

Hohe Nachfrage nach Kleingärten in Halle: „Das Telefon steht bei uns nicht still“

Wie sich die übernommene Parzelle entwickelt, will Yvonne Drost genau in einem Gartenbuch festhalten: Mit Fotos, die zu allen Jahreszeiten den Stand des Wachstums zeigen und kleinen Geschichten aus der Parzelle dazu. Und in dem grünen Paradies am Galgenberg soll auch mal Zeit dafür sein, die Zeitung zu lesen, ergänzt sie. Zum Beispiel unter dem alten Kirschbaum.

Dass Yvonne Drost großes Glück bei der Suche nach einem neuen Garten hatte, bestätigt auch Anja Pschera vom Vorstand des Gartenvereins „Am Galgenberg“: „Die Nachfrage ist enorm, das Telefon steht bei uns nicht still.“ Von den 503 Parzellen ist derzeit genau eine einzige frei zur Neuverpachtung. „Vor gut sechs Jahren hatten wir 30 bis 35 Parzellen frei“, sagt sie. Mittlerweile müsse sie sich eine Warteliste für Interessenten anlegen. (mz)