Halle Halle: Thalia trauert mit Tamtam
HALLE/MZ. - Ach, die gute alte Zeit! Am Freitagabend werden all die skurrilen Geschichten, die Erinnerungen an die ebenso lauten wie langen Nächte, an tolles Theater und tausenderlei Begegnungen für glänzende Augen und für ein paar Tränen sorgen, wenn die Schließung des kleinen Thalia-Theaters bei einer "Tapeten-Party" mit viel Tamtam betrauert wird.
"Wir feiern wieder bis die Vögel kreischen", sagt Thalia-Star Axel Gärtner, der die Aktion "Kultiviertes Trauern" gemeinsam mit dem Musiker und langjährigen Thalia-Wirt Gerald "Baumann" Mehnert in die Hand genommen hat. Denn komplett miterlebt und maßgeblich mitgestaltet haben beide diese ganze Zeit, in der das Haus mit dem idyllischen Hof gegenüber der Thalia-Wiese als kleine Spielstätte des halleschen Kinder- und Jugendtheaters fungierte: Gärtner stand oben auf der Bühne und Baumann unten im Gewölbe.
Vor nunmehr 22 Jahren wurde in der Intendanz von Armin Mechsner das Haus zur kleinen Thalia-Bühne. Etwa zur gleichen Zeit bot Mechsner einigen Musikern aus der vormaligen Universitäts-Combo "Impuls" Unterschlupf. Und die verhalfen fortan als Theater-Band gleich einer ganzen Reihe von Inszenierungen zur Unvergesslichkeit. Der Trommler der Band war damals übrigens besagter Baumann. Und der nahm sich nach der Wende dann eines Projekts an, das der Live-Musik in Halle einen festen Ort verschaffen sollte.
Baumann wurde im Thalia-Gewölbe zum Musik-Kneiper. Regelmäßig an Freitagen und Samstagen bot er jungen Bands Auftrittsmöglichkeiten. Die Nachwuchsmusiker gestalteten hier ganze eigene Reihen die zum Beispiel "Junge Hunde" hießen. Doch am lebhaftesten in Erinnerung bleibt der "Rock am Montag", der für ein gutes Dutzend Jahre der Treffpunkt schlechthin in der Stadt werden sollte. Wer aus Halle hier nicht wenigstens ab und an aufkreuzte, den gab es praktisch nicht. Hiesige und auch namhafte internationale Gruppen bestritten den Konzertteil, in dessen Anschluss es nicht selten dann auch noch Sessions gab. Denn gerade auch für die so illustre hallesche Musikerszene war "Baumann" am Montag ein fester Termin.
Hier sangen, spielten und zechten mit ihnen unter anderem die "Prinzen", die in dem lauschigen Keller auch so manche noch nicht veröffentlichte CD vor kleinem Publikum testeten. Unvergessen auch das Gastspiel der seinerzeit noch unbekannten, doch schon kurz darauf weltberühmten "schnellsten Blaskapelle der Welt" namens Fanfare Ciocarlia. Weil sie fürs Steintor zu wenige Karten verkauft waren, wechselte die Band zu Baumann. Dort war die Hütte dann richtig voll - und über hundert Leute in teils schon vorgerücktem Alter tanzten und hüpften, als sei gerade der Teufel in sie gefahren. Ähnliches könnte uns bei der Party am Freitag auch begegnen.