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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Waschgang mit 3 000 Litern

Von MICHAEL FALGOWSKI 18.05.2011, 19:59

Halle (Saale)/MZ - "Fekanol" hieß das scharfe Zeug im Osten, mit dem bei der Deutschen Reichsbahn auch an der Berliner Brücke früher Lokomotiven geschrubbt wurden. Große Umstände wurden dabei nicht gemacht: Auf dem Gerüst stehend, den Schrubber, die Hände von Gummihandschuhen geschützt, in die Lauge getunkt, losgescheuert und mit dem Wasserschlauch abgespült - Spritzer brannten auf der Haut...

Bürsten sieben Meter lang

Heute ist alles anders. Ökologischer zum Beispiel. Die Loks werden in Halle nun nicht mehr per Hand, sondern in der neuen Zugwaschanlage am Birkhahnweg gesäubert. Im Dunkeln ist die hell erleuchtete Waschstraße im Gleisvorfeld des Bahnhofs von der B 100 aus gut zu sehen. Seit Ende März werden dort die Züge der Mitteldeutschen DB Regio gebürstet - allerdings noch im Probewaschgang. "Derzeit fahren nur sechs bis acht Züge pro Tag ein, das sind rund 700 Zugmeter. Aber alles läuft planmäßig, bald werden es 1 400 Zugmeter", sagt Uwe Herrmann. Er ist Projektleiter der neuen Außenreinigungsanlage, die bei der abkürzungsbesessenen Bahn "Ara" heißt. Herrmann hat schon einige dieser überdimensionalen Zugwaschstraßen gebaut. Die neue Ara in Halle ist insofern besonders, weil die bis zu sieben Meter langen rotierenden Bürsten auch schräge Dachflächen erreichen. Das können die Anlagen der mitteldeutschen DB Regio in Magdeburg, Dresden und Erfurt nicht.

Reinigung einmal wöchentlich

Das Unternehmen der Bahn befördert täglich rund 63 000 Fahrgäste in 782 Regionalzügen. Und jeder Zug muss einmal in der Woche in eine Waschanlage, die "genau wie eine Autowaschanlage funktioniert - nur ist alles etwas größer", wie Herrmann sagt. Tatsächlich: 100 Meter lang und 8,50 Meter hoch ist die 3,8 Millionen Euro teure Waschhalle mit zwei Bürstenportalen.

Und einen weiteren Unterschied zur Auto-Spülung hinter den Tankstellen gibt es: In der Halle bewegen sich nicht die Düsen und Bürsten, sondern Triebwagen, Lokomotiven und Doppelstockzüge werden durch die Waschstraße gezogen. Die Lok, die den Zug durch die Halle bugsiert, fährt drei Stundenkilometer langsam. Rund eine Dreiviertelstunde dauert die Reinigung eines knapp 100 Meter langen Zuges. Spiegel und Antennen, die vor dem Waschen eingeklappt werden müssen, gibt es nicht. Dächer mit den Strombügeln werden ausgespart. Das regeln die fünf Waschprogramme automatisch. Verfehlte Umweltstandards waren der Hauptgrund für die Deutsche Bahn, die 40 Jahre alte Zugwaschanlage am Birkhahnweg vom Schienennetz zu nehmen. In den letzten Jahren durften die Bürsten nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben werden. In der neuen Anlage werden bis zu 40 Prozent des Frischwassers weitergenutzt. Das Wasser wird aufgefangen und behandelt, ausgepresste Reste werden später verbrannt. Pro Waschgang werden 3 000 Liter Wasser und 100 Liter Reinigungsmittel versprüht. "Fekanol" ist es nicht mehr.