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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Stühle bleiben hochgestellt

Von MICHAEL FALGOWSKI 02.12.2010, 19:48

LANDSBERG/MZ. - Die drei Jungs stapfen zum Eingang des Landsberger Gymnasiums. Sie nehmen den deutlich spaßigeren Weg durch den Tiefschnee. Dabei hat der Hausmeister schon seit 6 Uhr die Wege mühsam frei geschoben. Es ist kurz nach 8 Uhr, bereits vor einer guten halben Stunde hat der Unterricht eigentlich begonnen. Die Jungs haben es - bei frostklaren elf Grad Minus - dennoch nicht eilig. "Ist denn heute überhaupt Schule?", fragt Sechstklässler Luca Scheuerle zweifelnd. Schwingt da Hoffnung mit? Er und sein Bruder Julius sind mit ihrem Nachbarn Niklas Zander aus Queis angereist. "Unser Vater hat uns gefahren. Wir mussten aber erst Schnee wegschaufeln", sagt Julius.

Schule bleibt geöffnet

Unterricht oder nicht, diese Frage ist im Landsberger Schulzentrum eine Stunde zuvor, kurz nach 7 Uhr, noch lange nicht beantwortet. Denn die Saalekreis-Verwaltung hatte schon am Vortag wegen der zu erwarteten Schneefälle den gesamten Busverkehr für 7 400 Schüler abgesagt. Die meisten der 630 Gymnasiasten und 90 Sekundarschüler in Landsberg kommen aber von außerhalb. Wer würde durch die Schneewehen fahren, wer überhaupt ankommen? "Nein, die Schule ist nicht geschlossen. Wenn Sie ihr Kind aber nicht bringen - und auch wieder abholen - können, lassen Sie es zu Hause", wiederholen Elke Greßmann und Gräfe gebetsmühlenartig. Seit 6.30 Uhr sitzen sie im Sekretariat an den Telefonen. Die klingeln seither pausenlos. "Nein, wir wissen nicht, was morgen wird", so enden die meisten Telefonate.

Draußen wird es hell. "Wenigstens schneit es nicht mehr", bemüht sich die amtierende Schulleiterin Sybille Lorenz um eine positive Sichtweise. Dann schreitet sie zur Tat, ans Mikrophon: "Jede Klasse meldet bitte im Sekretariat, wie viele Schüler da sind", hallt es durch die ungewohnt leeren Gänge des modernen Baus. Und dann kommen sie. Elke Greßmann schreibt mit. Martin Pietzsch aus der 8 c muss da nicht lange überlegen: "Ich bin ganz allein", sagt er. Seine Mutter hatte ihn aus Reußen hergefahren. Und in der Klasse 11 c, die meisten kommen aus Kabelsketal, schlafen am Freitag sämtliche Schüler länger.

Die Statistik offenbart eine Niederlage für die Schupflicht, die zum Opfer der Witterung geworden ist. Nur 88 der 630 Gymnasiasten haben den Weg zur Schule gefunden. Auch die Sekundarschüler sind nur ein kleines, versprengtes Häufchen Einheimischer. Die meisten Schüler kommen direkt aus Landsberg, sie sind zu Fuß da. So wie David Schnell. Eine halbe Stunde sei er zu Fuß unterwegs gewesen, sagt der Siebtklässler. Viele andere Schüler wurden von den Eltern auf den geräumten Straßen zum Schulzentrum gefahren. Im Sekretariat werden unterdessen die besonders rudimentären Klassenstärken zu einer Notgemeinschaft zusammengeworfen und an die nur 15 erschienenen Lehrer verteilt.

Im Sozialkundeunterricht der 9 b sitzen danach gerade sechs Schüler, sonst sind sie 25. Die meisten Stühle bleiben auf den Bänken stehen. "Die anderen können zu Hause bleiben", mault eine Schülerin. Einen kleinen Trost gibt es: "Der Test wird verschoben", kündigt Lehrer Björn Arendholz an. Doch davon profitieren schließlich auch die Zuhausegebliebenen.

Keine Busse am Freitag

Keine Frage, die Schule managt die Krise gekonnt und entspannt. "Wir kennen das ja schon vom letzten Winter", sagt Schulleiterin Lorenz. Und wieder hallt ihre Stimme durch das Haus: "Wie es in der zweiten Stunde weitergeht, das geben wir noch bekannt." Doch diese Frage ist da schon fast uninteressant. Was ist mit Freitag? Am Mittag ist auch das geklärt. Das Landratsamt teilt mit, dass auf Grund der zu erwartenden Wetterverhältnisse der gesamte Schülerverkehr eingestellt werde. Die Schulen seien weiterhin geöffnet, die Schüler würden betreut.