1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Halle/Saalekreis: Halle/Saalekreis: Marmorkrebs bringt Pest

Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Marmorkrebs bringt Pest

Von KORNELIA PRIVENAU 12.10.2010, 18:15

LANDSBERG/MZ. - Die aus dem Dorfteich in Klepzig (Stadt Landsberg) geflüchteten Krebse bedrohen die heimische Tierwelt. Wurden die Tiere zunächst als harmlose, ja sogar wohlschmeckende Deutsche Edelkrebs identifiziert, haben sie sich nun durch weitere Untersuchungen als wahre Monsterkrebse entpuppt. Welche Gefahren sie mit sich bringen, konnte zunächst in Klepzig niemand ahnen.

Weibchen befruchten sich

Die Monsterkrebse hatten Mitte August aus nicht erkennbaren Gründen fluchtartig das Gewässer verlassen und dabei Kinder und Erwachsene erschreckt (die MZ berichtete). Experten nahmen sich der rätselhaften Tiere an und versuchten, den Grund für die plötzliche Flucht aus dem nassen Element zu finden. Die Ergebnisse sind alarmierend: Wie die Kreisverwaltung am Dienstag mitteilte, handelt es sich bei den zum Teil bis zu 15 Zentimeter großen Tieren um Marmorkrebse, die offenbar in unseren Breiten keinen natürlichen Ursprung haben.

"Im Gegensatz zum Deutschen Edelkrebs ist er in Europa nicht heimisch, sondern wurde eingeschleppt", heißt es. Marmorkrebse vermehren sich sprunghaft. Sie sind Allesfresser und bedrohen durch ihre Gefräßigkeit und vor allem durch die Krebspest, die sie übertragen, heimische Arten.

Es gibt Fachleute, die diesen Monsterkrebs als in Nordamerika beheimatet einordnen. Wie er genau in unsere Breiten eingeschleppt worden ist, weiß bislang aber niemand genau.

Die Wassertiere weisen eine Besonderheit auf. Sie pflanzen sich durch die so genannte Jungfernzeugung fort. Es gib nur weibliche, keine männlichen Tiere. Die Weibchen befruchten sich selbst, haben die Experten herausgefunden. Damit können sie das ganze Jahr über alle acht Wochen bis zu 120 Jungtiere zeugen. Durch dieses Verhalten und das Verschlingen vor allem pflanzlicher Kost rauben sie anderen Arten wie Edelkrebsen und Fischen ihre Lebensgrundlage und stören außerdem das ökologische Gleichgewicht.

Als größtes Problem aber wird die Übertragung der Krebspest angesehen. Der Marmorkrebs selbst sei aber resistent gegen die Krankheit. Man sehe ihnen also eine Infektion nicht an. Angesteckte Edelkrebse dagegen sterben rasch, eine Heilung ist unmöglich. Zugleich werden die Gewässer, in denen Marmorkrebse ihr Unwesen treiben, zerstört. Das habe laut Experten nicht zuletzt auch dazu geführt, dass die heimischen Edelkrebse vom Aussterben bedroht sind. Außerdem könne der Pest-Erreger auch ohne Wirt im Wasser überleben und sich zum Beispiel über Wassersportgeräte, Angeln, Gummistiefeln oder Wasserproben verbreiten.

Tiere wandern über Land

Die Naturschützer warnen nachdrücklich davor, eingeschleppte Krebse auszusetzen. Selbst Gartenteiche seien dafür ungeeignet. Die Krebse würden - wie vor wenigen Wochen in Klepzig erlebt - das Wasser verlassen und über Land wandern, um neue Lebensräume zu erschließen und neue Gewässer zu finden. Sie treten dann in unmittelbare Nahrungskonkurrenz zu den Edelkrebsen und stecken sie mit der Krebspest an. Hätten sie einmal ein Gebiet erobert, seien sie nicht mehr zu entfernen.

Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises warnt deshalb auch nachdrücklich davor, Krebse aus dem Klepziger Teich einzusammeln und umzusiedeln. Das würde den Erreger der Krebspest nur zusätzlich verbreiten.

Teichflucht wegen Hunger

Die Untersuchungsergebnisse aus Klepzig bestätigen außerdem die Vermutung einiger Angler, dass die Krebse den Teich fluchtartig verlassen haben, weil sie Hunger hatten. Dies hatte auch der Anwohner Jürgen Frede vermutet, der die Krebse als nordamerikanische Flusskrebse bezeichnet hatte. Bauarbeiter und Kinder hatten damals versucht, die Krebse zu retten, wobei mancher Helfer die Tiere als groß und aggressiv bezeichnet hatte.

Die Naturschutzbehörde gibt vor allem Anglern den Rat, nach jedem Kontakt mit Wasser, in dem Marmorkrebse leben, Angeln gründlich zu reinigen und zu trocknen.

Wenn Krebse Gewässer auffällig besiedeln: Information an die Naturschutzbehörde, Telefon 03461 / 40 14 27.