Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Hauruck-Aktion an der Reide
Halle (Saale)/MZ. - Seit Monaten kritisieren Halles Stadtverwaltung, der Saalekreis und Anwohner den schlechten Zustand der Reide. Das Flüsschen ist völlig verschlammt und zugewuchert. Deshalb kann angestautes Wasser nicht abfließen. Zuletzt hatte das im September ein Hochwasser zur Folge, dessen Schäden noch nicht vollständig absehbar sind. Mehrfach war der zuständige Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) aufgefordert worden, den Fluss auszubaggern. Doch passiert ist nichts. Bis Dienstag: Mit Lastern haben LHW-Mitarbeiter plötzlich begonnen, einen Erdwall entlang der Reide aufzuschütten. Doch davon wusste weder jemand im Rathaus etwas, noch konnte das Umweltministerium in Magdeburg ohne Recherchen im eigenen Haus Auskunft geben.
Zweifel am Nutzen
"Die Arbeiten waren mit uns nicht abgestimmt", sagte Steffen Johannemann von der Unteren Wasserbehörde in Halle. Erst durch den Anruf der MZ hatte er von der Aktion erfahren. Ebenso ging es dem Umweltministerium. Dort wusste man bis Dienstagnachmittag nicht, was an der Reide eigentlich vor sich geht - obwohl das LHW dem Ministerium untersteht.
Johannemann hat sogar großen Zweifel am Nutzen der Hauruck-Aktion: "Mit dem Hinkippen der Erde ist es nicht getan. Der Wall müsste richtig befestigt und dann Gras angesät werden", so der Experte. "Das Ganze könnte sich als Schildbürgerstreich entpuppen." Denn halbherzige Arbeiten würden dazu führen, dass eine künftige Flut die Erde einfach wegspült.
Die verschlammte Reide sorgt häufig für Hochwasser. Eigentlich sollte der Fluss dieses Jahr ausgebaggert werden. Doch das Land hatte Halles Umweltamt mitgeteilt, dass damit erst im Herbst 2011 begonnen wird. Das wurde mit Unstimmigkeiten bei Umweltschutzauflagen zwischen dem Saalekreis und der Stadt begründet. Daraufhin war ein Streit zwischen der Rathausspitze und der Landesregierung entbrannt. Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) hatte Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) aufgefordert, den Fluss umgehend in Ordnung zu bringen. Das sei im September und Oktober unter Berücksichtigung des Artenschutzes problemlos möglich.
Druck vom Saalekreis
Druck macht auch der Saalekreis. Denn die Reide fließt zu Teilen auf dem Territorium der Gemeinde Kabelsketal. "Die Arbeiten an der Reide sind aus Gründen der Gefahrenabwehr zu jedem Zeitpunkt möglich", betonte Landrat Frank Bannert (CDU). Doch all diese massiven Forderungen bleiben offenbar ohne Wirkung: Am Ausbagger-Termin Herbst 2011 wird nicht gerüttelt. Michael Schenk von der Pressestelle im Umweltministerium sagte, dass wegen naturschutzrechtlicher Belange deutlich mehr Zeit und Geld in das Projekt investiert werden müsse als erwartet: "Deshalb werden die Arbeiten ausgeschrieben. Man kann nicht irgendeine Firma dafür nehmen." Die jetzt laufenden Arbeiten - so hatte er am Dienstagnachmittag schließlich in Erfahrung gebracht - dienen dazu, einen 150 Meter langen Erdwall zu errichten. "Das soll die Straße wieder passierbar machen."