Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Ein Bett im Obstgarten
Höhnstedt/MZ. - Das Etappenziel liegt etwas versteckt inmitten einer Gartenanlage. Der schmale Trampelpfad zu dem giftgrünen Haus ist an den Rändern ein bisschen verwildert. Bäume, Obststräucher und Blumen versperren an manchen Stellen den Weg.
Hier also, am Fuße von Höhnstedt, sollen Pilger entlang des Lutherweges künftig eine Möglichkeit zum Rasten und Übernachten finden. Dass es so etwas jetzt gibt, ist Renate Ender zu verdanken. Seit vier Jahren bietet sie mit ihrer halleschen Agentur Pilgerreisen an. Unter anderem steht die Strecke von Halle nach Eisleben im Programm. Und ebenda fehlte es bislang noch an Übernachtungsmöglichkeiten. Betten für Pilger seien entlang des Weges noch dünn gesät. Wenn man etwas findet, dann Pensionen, aber kein Quartier speziell für Pilger. Also möglichst preiswert und einfach. Die Laube in Höhnstedt macht einen Anfang, ob weitere Quartiere folgen, müsse man abwarten. Die Agentur von Renate Ender biete noch ein Bett in Halle an, ansonsten sehe es noch dürftig aus. Es ist also ein Anfang, der da in der Gartenanlage steht.
Ender: "Es ist zwar erst einmal nur eine einfache Bleibe. Ohne viel Schnickschnack. Aber das gehört ja zum Pilgern irgendwie dazu." Drin, in der Laube, ist es in der Tat sehr spartanisch eingerichtet. Eine Couch, ein Doppelstockbett im Nebenraum, ein Tisch, drei Stühle. Nebenan ein Waschraum, die Toilette ist draußen. Fließendes Wasser gibt es nicht. "Das muss man vom Hahn im Garten holen und sich mit einem Eimer behelfen", sagt Renate Ender. Pilgern heißt eben auch, zu verzichten und sich mit wenig zufriedengeben. Entsprechend günstig kann man allerdings auch unterkommen. Mit ein bisschen Willen zum Arbeiten sogar umsonst. "Ich sage den Leuten, dass sie mir entweder zwischen fünf und zehn Euro bezahlen sollen oder mir einmal im Garten helfen", erklärt sie. Frühstück ist inbegriffen, nur die Brötchen muss sich der Pilger selbst besorgen.
Dass Höhnstedt nun nicht gerade als ein Zentrum der Pilgerbewegung bekannt ist, weiß Renate Ender. Trotzdem hat die kleine Herberge durchaus ihre Berechtigung, wie sie erklärt: "Es ist die erste Station, wenn man von Halle nach Eisleben pilgert." Etwa 26 Kilometer sei der Weg bis zur Gartenlaube. Da habe man sich schon mal eine Pause verdient. Außerdem liege der Ort an der Kreuzung der beiden Routen, über die man den Lutherweg laufen kann. "Hier muss man irgendwie immer vorbei", sagt sie. In Zukunft, so hofft sie, werde der Strom der Pilger noch größer werden. Zwischen Mai und Oktober steht das Quartier in Höhnstedt offen. Im Winter bleibt es geschlossen. Nicht aber wegen der Kälte. Das, so Renate Ender sei kein Grund nicht zu pilgern, sie selbst liebe die Wanderungen im Winter sogar. "Einen Pullover mehr angezogen, dicke Socken, Winterstiefel und man kann auch bei 20 Grad unter Null pilgern", sagt sie. Im Garten übernachten gehe trotzdem nicht. Denn Ende Oktober werde das Wasser abgestellt. Selbst Hartgesottene dürften ohne Toilette und Waschmöglichkeit nur schwer vom Quartier überzeugt werden können. Aber im Sommer, verspricht sie, sei es idyllisch in der kleinen Laube am Fuße von Höhnstedt. Lange kann man aber nicht bleiben. Eine Nacht schlafen, dann muss der Pilger wieder ausziehen. Doch darum gehe es ja auch, sagt Renate Ender. "Immer weiter gehen und nicht zu lange rasten."
Für die Nutzung des Quartiers ist der Besitz eines Pilgerpasses Voraussetzung. Anfragen werden telefonisch unter 0176 / 20 42 58 76 entgegengenommen.