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Kotberge im Treppenhaus Halle (Saale): So sieht es heute in der Scheibe A in Halle-Neustadt aus

Von Dirk Skrzypczak 29.08.2017, 15:11
Der Eingangsbereich der Scheibe A ist ein Trümmerfeld. Die Bausubstanz aber, so sagt die Stadt, sei nach wie vor intakt.
Der Eingangsbereich der Scheibe A ist ein Trümmerfeld. Die Bausubstanz aber, so sagt die Stadt, sei nach wie vor intakt. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Schutt und Müll liegen auf dem Boden, durch die mit Sperrholzplatten verrammelten Fenster dringt nur wenig Licht in das Erdgeschoss der Scheibe A in der Neustadt ein. Das Objekt der Begierde steht seit fast 20 Jahren leer, 1998 hatte die Universität den 19-Geschosser als Studentenwohnheim abgegeben. Seitdem tummeln sie hier die Tauben, Kot-Berge türmen sich im Treppenhaus.

Die Firma aus England, der das Hochhaus gehört, existiert schon lange nicht mehr - der Anspruch von Gläubigern schon. Auf rund 1,5 Millionen Euro belaufen sich die Forderungen, sagt Nachtragsliquidator Harald Neumeister. Und deshalb kommt die Scheibe A am 18. Oktober bei einer Zwangsversteigerung am Amtsgericht in Halle auch unter den Hammer. Der Verkehrswert liegt bei 560.000 Euro. Und diese Summe ist für Interessenten auch das Mindestgebot.

Scheibe A in Halle-Neustadt: Bis zu 450 Mitarbeiter könnten in das Hochhaus einziehen

„Die Bausubstanz ist in Ordnung. Das Hochhaus wurde von Schweden gebaut und hält noch 60 bis 70 Jahre“, meint Jens Rauschenbach, der mit seiner Beratungsfirma ein Konzept zur Nutzung der Scheibe als Verwaltungsstandort erstellt hat.

Am Mittwoch wird Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) dem Stadtrat erneut den Grundsatzbeschluss dazu vorlegen. Bis zu 450 Mitarbeiter(innen) könnten in das Hochhaus einziehen und die Verwaltungsarbeit effizienter gestalten.

Derzeit verteilen sich die Ämter des Rathauses auf 26 Standorte in der Stadt, mit der Scheibe könnte die Verwaltung neun Außenstellen aufgeben.

Bürgerbefragung zur Scheibe A steht noch auf der Kippe

Allerdings wäre es nach der Erfahrung der vergangenen Monate eine dicke Überraschung, sollte der Stadtrat pro oder kontra votieren. Die Mehrzahl der Räte will das Ergebnis eines Bürgerentscheids abwarten, der am 24. September zur Bundestagswahl angesetzt ist. Allerdings ist nach wie vor offen, ob die Bürger tatsächlich befragt werden.

Das Landesverwaltungsamt hält das Verfahren für unzulässig. Die Stadt ihre Argumente geltend gemacht. Die Entscheidung der Kommunalaufsicht, mit Spannung erwartet, steht noch aus.

Ausrangierte Badewannen im Flur: So sieht es in der Scheibe A in Halle-Neustadt aus

Am Montag ist die Scheibe A für einen kurzen Augenblick wieder offen. Liquidator Neumeister hat die Schlüsselgewalt. Der Strom ist abgeklemmt. Handys werden zu Taschenlampen. Unter den Schuhen knirscht zersplittertes Glas. In der dritten Etage stehen ausrangierte Badewannen im Flur.

Wer es sich traut und Puste hat, steigt 19 Etagen hinauf. Die Fernsicht ist grandios - es gibt sicher schlechtere Büroräume. „Für das Zentrum der Neustadt wäre der Impuls wichtig“, erklärt der OB. Seine favorisierte Lösung: Ein Investor (die Stadtbau AG aus Leipzig?) ersteigert die Scheibe und saniert sie - für geschätzte 32 Millionen Euro. Die Stadt mietet sich dann für 30 Jahre ein und würde maximal 9,90 Euro pro Quadratmeter und Monat als Kaltmiete zahlen.

Die Frage ist, ob ein Investor am 18. Oktober bei der Zwangsversteigerung überhaupt ein Gebot abgibt. Solange unklar ist, ob die Scheibe zu einem Verwaltungsstandort wird, stehen Interessenten vor einem Risiko. (mz)

OB Bernd Wiegand (links) und Liquidator Harald Neumeister bei der Visite
OB Bernd Wiegand (links) und Liquidator Harald Neumeister bei der Visite
Lutz Winkler