"Gravierende Verfahrensfehler" "Gravierende Verfahrensfehler": Behörde stoppt Bürgerbegehren zu Scheibe A

Halle (Saale) - Es ist eine bittere und dramatische Botschaft, die das Landesverwaltungsamt in Halle an Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) verschickt hat. Das Bürgerbegehren zur Nutzung der Hochhausscheibe A in der Neustadt als zentraler Verwaltungsstandort ist unzulässig. Am 21. Juni hatte der Stadtrat das Begehren noch für gültig erklärt. Diesen Beschluss will die Kommunalaufsicht beanstanden, wie die Behörde am Dienstag auf MZ-Nachfrage bestätigte.
„Wir halten den Beschluss für rechtswidrig. Natürlich begrüßen wir das Ansinnen, die Bürger direkt an der Demokratie zu beteiligen. Und wir bedauern, dass wir in diesen Prozess eingreifen müssen, in dem so viele Menschen mobilisiert worden sind. Aber in diesem Fall wurden gravierende Verfahrensfehler gemacht“, sagte Michael Wersdörfer, Chef der Kommunalaufsicht, der MZ.
Bürgerbegehren in Halle: 7.692 Stimmen pro Scheibe A
7.692 Stimmen pro Scheibe A hatte der Halle-Neustadt-Verein im Juni innerhalb von drei Wochen gesammelt - im ersten Bürgerbegehren der Stadtgeschichte. Allerdings würden sich sowohl in der Fragestellung als auch in der Begründung auf den Stimmzetteln erhebliche Fehler befinden, „die sich im Nachgang nicht reparieren lassen“, so Wersdörfer. So wurden die Leute gefragt, ob sie für die Anmietung der sanierten Scheibe als Verwaltungsstandort sind - die Scheibe ist aber noch nicht saniert.
„Es wird also eine Tatsache unterstellt, die noch gar nicht feststeht. Es ist unklar, wer die Scheibe ersteigert und welche Kosten dadurch entstehen.“ In der Begründung werde außerdem mitgeteilt, dass durch die Anmietung des Hochhauses für 30 Jahre ein Einsparpotenzial von 41,1 Millionen Euro entsteht. „Allerdings fehlt den Bürgern hier der Vergleich. Deshalb hätte man ihnen auch aufzeigen müssen, welche Kosten aktuell an den 26 Verwaltungsstandorten anfallen, wie teuer ein Neubau wäre, was die Stadt zahlen müsste, wenn sie die Scheibe A selbst kaufen würde. Doch diese notwendigen Angaben sind nicht ersichtlich. Und das geht nicht“, erklärte Wersdörfer.
Bernd Wiegand will Gesprächsangebot der Kommunalaufsicht annehmen
Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos), der das Bürgerbegehren aktiv unterstützt hatte und selbst Stimmen sammelte, will in der nun folgenden Anhörung das Gesprächsangebot der Kommunalaufsicht annehmen. „Die Stadt wird die aufgeworfenen Themen bearbeiten und eine Antwort vorbereiten.“ An dem Plan, die Scheibe A für bis zu 450 Mitarbeiter nutzen zu wollen, hält der OB fest. „Es gibt Interessenten, die das Gebäude ersteigern wollen. Es ist mein Ziel, die Scheiben zu reaktivieren.“
Unterdessen steht der Termin für die Zwangsversteigerung der Scheibe A fest. Das Amtsgericht Halle hat dafür den 18. Oktober anberaumt. Das Mindestgebot liegt bei 560.000 Euro. Tatsächlich ist aber unklar, wie es nun weitergeht. Andreas Schachtschneider, Vorsitzender des Halle-Neustadt-Vereins und CDU-Stadtrat, weiß es nicht. „Das ist verheerend, aber ich hoffe, dass sich die Reihen der Unterstützer noch weiter schließen.“
Stadt Halle kann bis zum 15. August ihre Stellungnahme abgeben
Frage und Begründung seien von mehreren Juristen geprüft worden. „Wir haben alles getan, um Rechtssicherheit zu schaffen. Was soll denn eine Bürgerinitiative noch alles leisten?“ Wichtig sei jetzt vor allem, zu wissen, ob der Bürgerentscheid überhaupt am 24. September noch stattfinden könne. Die Stadt hat bis zum 15. August Zeit, ihre Stellungnahme abzugeben. Auch eine Klage gegen das Landesverwaltungsamt ist möglich.
„Das Anliegen des Begehrens, die Verwaltung zu zentralisieren, Geld zu sparen und etwas für die Neustadt zu tun, begrüßen wir“, meinte Denise Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes. Daher wolle man der Stadt auch Möglichkeiten aufzeigen, die Initiative nicht sterben zu lassen. „Das Bürgerbegehren könnte neu gestartet werden“, sagte Wersdörfer. „Oder der Stadtrat beschließt es selbst. Die Sache sollte weiter verfolgt werden.“ Der Rat schiebt eine Entscheidung allerdings seit Monaten vor sich her und hatte zuletzt mehrheitlich dafür gestimmt, den Bürgerentscheid abwarten zu wollen. (mz)
