Halle-Neustadt Halle-Neustadt: Überwachung "Am Treff" gewünscht

Halle (Saale) - Jetzt laufen wieder die Festplatten heiß. Jeder Schritt, den die Neustädter ab sofort Am Treff gehen, wird von Polizeikameras verfolgt und aufgenommen - ob zum Bankautomaten, zur Äskulap-Apotheke oder zum Alchimistenbrunnen. „Ich kann an dieser Idee nichts Schlimmes finden“, sagt Monika Zimmermann, Anwohnerin und Neustädterin seit 44 Jahren. „Wenn es hilft, Straftaten zu verhindern, bitteschön.“ Wie Zimmermann begrüßt die Mehrzahl der Viertelbewohner die neue Video-überwachung Am Treff. Der Zweck heiligt die Mittel, so lautet der Neustädter Tenor.
Seit Donnerstag flimmern die Kamerabilder vom Neustädter Treff permanent im halleschen Polizeireview über den Monitor. Gelöscht werden die Filmdaten, wenn sie nicht innerhalb von drei Tagen zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden. Hinweisschilder in der Fußgängerzone weisen auf die Kamera hin - dies ist Teil der Abschreckung. Die selbe Taktik führte laut Polizeisprecherin Diener bereits in den Jahren 2005 bis 2007 zu einer deutlichen Senkung der Kriminalitätsrate. Konkrete Zahlen legte die Polizei am Freitag nicht vor.
Seit Donnerstag ist der Platz das zweite öffentliche Areal, das von Halles Polizei videoüberwacht wird - neben dem Markt. Eine deutliche Zunahme der Straftaten ist der Grund, sagt Polizeisprecherin Ulrike Diener. 74 Delikte seien es im Jahr 2014 gewesen.
Ein Symbol ist das Gebäude, auf dem die Kameras nun positioniert sind: Die Äskulap-Apotheke wurde am Silvestermorgen vor drei Jahren überfallen und ausgeraubt. Deswegen begrüßt die Filialleiterin die Kameraüberwachung, möchte ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen. Nach dem Überfall hörte die damalige Chefin auf und ein Sicherheitsdienst wurde engagiert, der nachts nach dem Rechten sieht. Nun blicken die elektronischen Augen der Polizei vom Dach der Apotheke, überschauen den belebten Platz - wie schon zwischen 2005 und 2007, als die Überwachung laut Polizeisprecherin Diener durch ihren hohen Abschreckungseffekt ihren Zweck erfüllte.
Dass die nun wieder aufgenommene Überwachung Zuspruch bei den Anwohnern findet, ist nicht selbstverständlich. Schließlich führte die Observation des Marktplatzes immer wieder zu politischen Kontroversen. Doch Am Treff ist es schwer, jemanden zu finden, der die Kameras mit Argwohn sieht. „Ich bin für diese Maßnahme, ganz klar“, sagt Jürgen Fleischer. Nein, vom Gefühl her halte er die Straße Am Treff nicht für den kriminellen Schwerpunkt in Neustadt oder gar in Halle. „Aber wenn es den Polizeiermittlern hilft, bin ich für solche Maßnahmen zu haben.“ Und ja, andere Plätze in der Stadt könnten ebenso überwacht werden. Keine Bedenken in puncto Privatsphäre? „Nun ja“, sagt der 57-Jährige, „in der Öffentlichkeit sind wir ja sowieso.“
Sicherheitsgefühl schlägt Angst um Privatsphäre: So klingt es, wenn die Neustädter reden. „Ja, vor Jahren gab es diese Diskussionen um Kameras und Datenschutz“, sagt Monika Zimmermann. „Doch was schadet es? Schauen Sie mal nach London, da ist jede Straße voll mit Kameras und keiner beschwert sich.“ Die Aufnahmen, die Am Treff gemacht werden, bleiben 72 Stunden auf den Polizei-Festplatten und werden dann automatisch gelöscht. Auch die 66-jährige Zimmermann hält die Videoüberwachung öffentlicher Plätze generell für ein probates Mittel, wenn sie der Sicherheit dient.
So sieht es auch die 33-jährige Corinna Naumann. „Ich halte den Platz Am Treff nicht für den gefährlichsten in Halle“, sagt sie. „Aber ich finde, die Kameraüberwachung kann ein gutes Mittel sein, wenn Raubüberfälle überhandnehmen..“ Und gerade über diese Delikte lese sie viel in der Zeitung, höre sie viel von Verwandten. „Mein Handy stecke ich weg, wenn ich abends über den Treff laufe.“
An jedem fünften Tag geschah im vergangenen Jahr laut Polizeistatistik eine Straftat Am Treff. Die Kameras sollen in erster Linie abschrecken, so klar formuliert es die Pressestelle der Polizei in ihrer Erklärung zur Wiederaufnahme der Überwachung. Hört man den Neustädtern Am Treff zu, scheint das Ziel schon erreicht zu sein, ein stärkeres Sicherheitsgefühl zu schaffen. (mz)