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Halle Halle: Möbelbörse auf wackligen Beinen

Von HEIDI POHLE 03.12.2010, 17:24

Halle (Saale)/MZ. - Am Vormittag hat Siegfried Rödiger Möbel verladen. Nun ist er dabei, Lampen aufzuhängen. Das macht der 55-Jährige gekonnt und gerne. Seit September gehört der ehemalige Schäfer, der schon viele Jahre arbeitslos ist, als Ein-Euro-Jobber zur Möbelbörse des Caritas-Verbandes Halle auf der Silberhöhe. Es sei zum Teil schwere körperliche Arbeit, "aber viel besser, als zu Hause zu sitzen, zumal die Kollegen alle in Ordnung sind". Bis zum September nächsten Jahres läuft sein Ein-Jahres-Vertrag. Doch es ist nicht sicher, ob es die Möbelbörse in der Theodor-Weber-Straße dann noch gibt. "Wir haben von der Arge nur unter der Bedingung wieder Ein-Euro-Jobber bekommen, dass wir die Möbel kostenlos an unsere Kunden abgeben", erklärt Bereichsleiterin Mirjam Heeger.

Da sozial Bedürftige, für die die Börse im Frühjahr 2009 eingerichtet wurde, für gut erhaltenes Mobiliar nun nicht mehr wie anfangs zwischen zwei und 20 Euro zu bezahlen brauchen, muss die Caritas die Miete für das große Lager tragen und die beiden Transporter unterhalten. In diesem Jahr gab es zwar noch einen Mietzuschuss vom Sozialamt. "Aber ob es den angesichts des angespannten städtischen Haushalts im nächsten Jahr wieder gibt, ist völlig ungewiss", so Mirjam Heeger. Sie befürchtet, dass der Verband die Kosten auf Dauer allein nicht aufbringen kann. Mit Spenden sei die finanzielle Lücke durch fehlende Einnahmen nicht zu schließen.

"Sorgen macht uns auch, dass die Arge all jene, die Anspruch auf preiswerte Möbel haben, nicht mehr zu uns schickt, sondern statt dessen zu anderen Einrichtungen", sagt sie. 2009 konnten von der Börse mit dem Namen "Cariwohn" rund 2 000 Haushalte mit Mobiliar versorgt werden. "Von diesen Zahlen sind wir derzeit weit entfernt", so Mirjam Heeger. Nicht zuletzt deshalb, weil die Börse nach der sechswöchigen unfreiwilligen Schließung im Frühjahr nicht wieder richtig ins Laufen gekommen ist. Damals prüfte die Arge wochenlang erneut die Förderfähigkeit der Einrichtung - von ihr bewilligte Arbeitsmaßnahmen gelten immer nur für ein Jahr.

Die IHK steht auf dem Standpunkt, dass sozial Bedürftige, die sich erstmals eine Wohnung einrichten, Möbel kostenlos erhalten sollten. Alles, was darüber hinaus benötigt werde, sollte aber nur gegen einen Obolus abgegeben werden, so IHK-Geschäftsführerin Antje Bauer. Die Arge will sich zu den Problemen nicht äußern und verweist auf den 7. Dezember, an dem es ein Gespräch mit der Möbelbörse geben soll.

Monika Prokos jedenfalls würde es sehr bedauern, wenn die Möbelbörse auf der Silberhöhe schließen müsste. Sie hat dort schon öfter etwas für ihren Haushalt gefunden - Spielzeug, Geschirr, Tischdecken, auch einen Toaster. Diesmal ist es eine Spitzen-Gardine fürs Bad, die ihr gefällt. 20 Cent steckt sie dafür in die Spendenbüchse.

"Cariwohn"-Chef Wilfried Jenkel, der auch einen befristet geförderten Arbeitsvertrag hat, fände es ebenfalls sehr schade, wenn eines Tages Schluss wäre. Seinen Mitarbeitern, allesamt Langzeitarbeitslose, bedeuteten die Jobs viel: "Sie kommen unter Menschen, können beweisen, dass sie etwas können. Und sie erfahren oft nach langer Zeit mal wieder, wie es ist, jeden Tag gebraucht zu werden."

Die Möbelbörse in der Theodor-Weber-Straße ist Dienstag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Möbel können angeboten werden unter 0345 / 6 85 47 79.