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Halle Halle: Jobcenter fordert Geld für totgeborenes Kind

Von Michael Falgowski 06.11.2012, 21:05

Halle (Saale)/MZ. - Die Gerichtsvollzieherin musste unverrichteter Dinge wieder abrücken. Exakt 4 020,25 Euro sollte sie im Juli dieses Jahres bei Diana H. pfänden. Doch bei der Hallenserin gab es nichts zu holen. Diana H. ist Hartz-IV-Empfängerin. Tatsächlich ist dem halleschen Jobcenter damit ein mehr als peinlicher Fehler unterlaufen: Denn erstens handelt es sich um Geld, das die junge Frau nie bekommen hat. Und zweitens kam das Kind, dem das Geld zugutekommen sollte, tot zur Welt.

Rekonstruktion einer verfahrenen Situation: Im September vergangenen Jahres wurde Diana H. schwanger. Ihr Kind jedoch starb bereits in der 19. Schwangerschaftswoche, das war im Januar. Die junge Frau schrieb daraufhin einen Brief an das Jobcenter: "Mein Kind ist am 12.1.2012 geboren & gestorben. Somit bitte ich Sie, die von Ihnen bewilligten Leistungen zurückzuhalten." Anfang Februar bestätigte das Jobcenter, man werde das Geld nicht auszahlen - zu diesem Zeitpunkt ging es erst um eine Baby-Erstattung in Höhe von gerade mal 400 Euro.

Zwei Monate später jedoch erhielt Diana H. merkwürdigerweise die Rückzahlungsforderung für ein angeblich vom Jobcenter ausgezahltes Darlehen für eben jene Erstausstattung des Babys und für Schwangerenkleidung. Die Gesamthöhe war plötzlich zehn Mal so hoch: 4 000 Euro - zuzüglich 20,25 Euro Mahngebühr! Im Sommer stand dann die Gerichtsvollzieherin in der Wohnung. Vor einigen Tagen kam erneut ein Behörden-Brief: Man werde demnächst monatlich 15 Euro vom Regelsatz einbehalten, informierte das Jobcenter.

"Ein Blick auf die Unterlagen hätte gereicht, um zu merken, dass das alles Schwachsinn ist", sagt Diana H.s Lebensgefährte Mario F. Er habe schon im Frühjahr beim Jobcenter angerufen, und auch einen Brief an der Pforte abgegeben, um das richtigzustellen. Der 27-Jährige spricht für seine Freundin. "Das alles regt sie sehr auf." Immer wieder würden die Erinnerungen an die Geburt ihres toten Kindes wach. Dabei hätten Diana H. und Mario F. eigentlich Grund zur Freude: Nach dem schmerzlichen Verlust im Januar erwartet das Paar nun erneut ein Kind - in wenigen Tagen ist Geburtstermin. Mario F. hat Angst, seine Freundin könne angesichts der ganzen Aufregung auch dieses Kind verlieren.

Bereits Ende Oktober sprach der werdende Vater, der selbst Hartz-IV-Empfänger ist, im Jobcenter bei der Bearbeiterin seiner Freundin vor. Mit Vollmacht, aber ohne Termin. Und sehr erregt, wie er einräumt. "Ich habe die Frau nur gebeten, sich alles noch mal anzuschauen." Man habe ihn rausgeworfen.

Auch Jobcenter-Sprecher Michael Rücker kann indes nicht plausibel erklären, was alles schiefgelaufen ist: Die Forderung von 4 000 Euro habe sich nicht auf die Baby-Erstausstattung bezogen, sondern auf ein Darlehen, das Diana H. für eine neue Küche bekommen hat, sagt Rücker. "Bei der Forderungsaufstellung ist aber ein Fehler unterlaufen: Statt monatlich 40 Euro sollten jeweils 400 Euro getilgt werden." Nur: Das Geld für die Küche war zu jenem Zeitpunkt bereits abgezahlt. Das Amt hat also nicht nur eine viel zu hohe Forderung aufgestellt. Die Forderung war auch noch komplett unbegründet.

Nun entschuldigt sich das Jobcenter. Sämtliche Forderungen seien gegenstandslos - das gelte auch für die Ankündigung, monatlich 15 Euro vom Regelsatz einzubehalten.