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"Halle ist wunderschön"  "Halle ist wunderschön" : Literaturwissenschaftlerin lobt die Stadt

Von Sandy Schmied 24.01.2015, 15:33
Elisabeth Décultot arbeitet in der Bibliothek des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA).
Elisabeth Décultot arbeitet in der Bibliothek des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA). Lutz Winkler Lizenz

Halle (Saale) - Der Wind zieht eisig durch die Straßen, als Elisabeth Décultot durch die schwere Eingangstür des Zentrums für Aufklärungsforschung ihre neue Arbeitsstätte erreicht. In der Empfangshalle stapeln sich Bürostühle, noch liegt der Hauch des Unfertigen über dem Raum im Erdgeschoss. Ab Februar wird mit Décultot in diesem Gebäude eine der renommiertesten Aufklärungsforscherinnen der Welt arbeiten. Weil die Französin nicht nur im IZEA (Interdisziplinäres Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung), sondern auch im neuen Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrum am Steintor arbeiten wird, herrscht Aufbruchstimmung, schließlich will ihr neues Büro bald bezogen werden.

Elisabeth Décultot kann das nicht aus der Ruhe bringen. Sie klopft sich den feuchten Schnee vom Mantel ab, klemmt sich den Hut unter den Arm und stellt ihren Reisekoffer ab. Den hat sie in den letzten Wochen öfter packen müssen. Gerade erst ist sie mit ihrer Familie aus Paris weggezogen. Jetzt pendelt sie zwischen ihrer Wohnung im Paulusviertel und der in Berlin, wo hauptsächlich ihr Mann und die beiden Kinder in den nächsten Jahren leben werden.

Dank ihrer Auszeichnung mit der Humboldt-Professur, dem höchstdotierten internationalen Forscherpreis in Deutschland, möchte sie in den nächsten Jahren in Halle so weit wie möglich neue Erkenntnisse zur Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts gewinnen. Mit dem IZEA hat sie den richtigen Partner gefunden, es gilt als eine der besten Einrichtungen auf dem Gebiet der Aufklärung. „Hier forschen zu können ist eine einmalige Chance“, sagt die 46-Jährige und zum ersten Mal blitzt es auf, dieses Leuchten in ihren Augen, das in den richtigen Momenten ihre Ruhe und Gelassenheit durchbricht. Es ist dasselbe Leuchten, das sie ausstrahlt, wenn sie durch die IZEA-Bibliothek geht: „Der Duft der alten Bücher, das Gefühl sie zu berühren, das ist etwas ganz anderes, als die Texte auf dem Computerbildschirm zu lesen.“

Der Bestand umfasst zu großen Teilen Originaldrucke aus dem 18. Jahrhundert, ideale Bedingungen für die Literaturwissenschaftlerin Décultot, die unter anderem zu Johann Joachim Winckelmann und Johann Georg Sulzer forscht und Fragestellungen der Germanistik mit Ansätzen aus der Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie kombiniert.

Warum Décultot Tochter und ihr Sohn noch in Berlin zur Schule gehen und wie der Wissenschaftlerin der Bibliotheks-Kubus auf dem Steintor Campus gefällt, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Genauso wichtig wie ihre Arbeit ist ihr aber auch ihre Familie. Beides miteinander zu vereinbaren ist dabei nicht immer leicht gewesen, gerade als ihre beiden Kinder noch jünger waren. „Ich hatte sehr verständnisvolle Kollegen“, sagt Décultot, außerdem konnte sie sich auf die Flexibilität ihres Ehemannes verlassen. Christian Helmreich, selbst Wissenschaftler, wird auch für das Germanistische Institut in Halle arbeiten. „Aber eigentlich ist es genau umgekehrt“, unterbricht Elisabeth Décultot ihren Gedanken. Es ist nicht so, dass sie trotz Familie die Zeit findet, Spitzenleistungen in der Forschung zu erbringen: „Ohne meine Kinder könnte ich meinen Beruf gar nicht machen. Ich bekomme von ihnen sehr viel Schwung und Energie.“ Und diese Tatkraft fließt dann auch in ihre Arbeit ein. Natürlich bedeutet das auch, sich besser organisieren zu müssen und den Arbeitsrhythmus anzupassen.

Ihre Tochter und ihr Sohn werden in Berlin zur Schule gehen, weil sie dort auf Französisch unterrichtet werden können und so weiterhin in einem zweisprachigen Umfeld leben. Für später kann sich Elisabeth Décultot aber vorstellen, ihren Lebensmittelpunkt komplett nach Halle zu verlegen. Auch nach der finanziellen Unterstützung durch die Humboldt-Stiftung die auf fünf Jahre ausgelegt ist, möchte sie hier weiter forschen und lehren. „Forschung ist ein langwieriges Unterfangen, manchmal rechnen wir nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten.“

Schon jetzt hat sie die Stadt lieben gelernt, obwohl sie erst seit knapp zwei Wochen in Halle wohnt. „Das erste Mal war ich kurz nach der Wende in Halle. Ich bin verblüfft über das Tempo, mit dem sich Halle verändert hat“, sagt die Wissenschaftlerin. Dabei weiß sie vor allem die Verbindung von Neuem und Altem zu schätzen und attestiert den Hallensern ein gutes Gespür für Stadtplanung. Besonders der Bibliotheks-Kubus auf dem Steintor Campus gefällt ihr sehr gut. Und dann sind da natürlich die vielen Spuren aus der Geschichte, auf denen es sich unter anderem durch Mittelalter, Renaissance, und Gründerzeit wandeln lässt. Der Stadtgottesacker, das Saaleufer und die Marienbibliothek gehören für Elisabeth Décultot zu den interessantesten Orten der Stadt. „Halle ist wunderschön“

Ohnehin fühlt sie sich schnell dort heimisch, wo es alte Bücher und Schriften gibt. Wichtig sind auch ihre „Winckelmanniana“, zu denen Kopien von Winckelmann’schen Handschriften zählen. Die sind bereits von Paris nach Berlin und wieder zurück gereist und dürfen auch in Halle nicht fehlen. (mz)