Halle ist im Pokémon-Fieber Halle ist im Pokémon-Fieber: Arenakampf in der Innenstadt

Halle (Saale) - Nach einer Stunde, irgendwo zwischen Zither-Reinhold und Ulrichskirche, bleibt Philipp Tesch kurz stehen und bekommt leuchtende Augen: „Ich muss nur noch 600 Meter laufen, bis ich mein Ei ausgebrütet habe.“
Was noch wenige Minuten zuvor im Gespräch höchstens ein mitleidiges und möglichst unauffälliges Stirnrunzeln provoziert hätte, ergibt jetzt tatsächlich Sinn. Genauso wie die kleinen Grüppchen, die sich seit einigen Tagen immer zahlreicher am Händeldenkmal versammeln und konzentriert über ihre Smartphone-Bildschirme wischen. Oder die Tatsache, dass mitten in der Innenstadt plötzlich in Arenen Kämpfe ausgetragen werden - mit Fingern auf dem Display statt mit physischer Gewalt und furchteinflößender Muskelkraft.
Am Mittwoch ist Pokémon Go offiziell auch in Deutschland an den Start gegangen. Über Umwege hatten sich Fans das Spiel schon vor Tagen heruntergeladen und bewegen sich seitdem mühelos zwischen den Welten. Augmented Reality macht’s möglich.
Mithilfe der Handykamera werden Figuren auf dem Display in die echte Umgebung eingeblendet. Ziel ist es, mit Pokébällen verschiedene Taschenmonster, die Pokémon, einzufangen und sich in Arenen Wettkämpfen zu stellen, in denen die Monster gegeneinander antreten. Straßen, Plätze und Räume werden zum Spielfeld.
Über eine Karte können sich Spieler durch die Umgebung navigieren und verschiedene Ziele ansteuern.
Schlangestehen für den Kampf
Philipp Tesch ist für das Spiel schon viele Kilometer unterwegs gewesen, pro Tag legt er etwa 10 bis 15 Kilometer zurück: „Zum Glück habe ich gerade einen Monat frei“, sagt der 23-Jährige. Los geht es heute auf dem Marktplatz. Schon nach wenigen Sekunden taucht auf dem Display das erste Pokémon auf, ein zersauster Vogel mit Griesgram-Blick. Tesch hat ihn schnell eingefangen: „Das ist Taubsi, der ist aber eher unselten“, erklärt der Hallenser. Nach über einer Woche lässt er sich nicht mehr von jeder der 150 Monsterfiguren im Spiel beeindrucken, mittlerweile hat er auch schon seltene gesammelt, zum Beispiel Chaneira, eine Figur die gern an religiösen Gebäuden auftaucht.
Weiter geht’s zur Arena am Fahnenmonument
Weiter geht’s zur Arena am Fahnenmonument. Nach einiger Mühe im Kampf mit zwei Gegnern kann Tesch die virtuelle Fläche für sein Team Blau entscheiden, zumindest bis der nächste Spieler auftaucht. Und das dauert gerade in der Innenstadt nicht lang. Wenige Schritte weiter beim „Läufer am Ziel“, der Bronze-Statue am Leipziger Turm, heißt das sogar hinten anstellen. Ein junges Pärchen versucht gerade die Arena für Team Gelb einzunehmen.
„Gut, dann komme ich eben in fünf Minuten wieder“, kommentiert Tesch im Vorübergehen. In der Tasche trägt er sein wichtigstes Hilfsmittel: Einen Zusatzakku, denn ohne den ist das Spiel schnell unfreiwillig beendet. Am Zither-Reinhold-Denkmal, einem Pokéstop, lädt der Hallenser Bälle nach, um die kleinen Monster einfangen zu können. In der Innenstadt ist schon fast alles entdeckt, in Gruppenchats oder bei Facebook haben sich schon mehrere hundert Hallenser zusammengetan, um Tipps auszutauschen. „Auf der Peißnitz gibt es zum Beispiel viele Wasserpokémons“, sagt Tesch, der mit Pokémon aufgewachsen ist.
Alle 21 Stunden läuft ein Countdown ab
Und auch im Kampf um Arenen hat er eine Strategie. Alle 21 Stunden läuft ein Countdown ab, wer dann eine Arena besetzt hat, wird belohnt: „Ich stelle mir einen Timer und versuche die Arenen in meiner Nachbarschaft dann während des Gassigehens einzunehmen“.
Dann ist sein Ei ausgebrütet. Heraus schlüpft Evoli, ein Pokémon mit plüschigem Schwanz. (mz)

