Halle Halle: Halbes Geisterhaus
Halle (Saale)/MZ. - Das ist wohl die schnellste und billigste Art, aus einem Elfgeschosser ein Wohnhaus mit fünf Etagen zu machen - die oberen Stockwerke werden einfach stillgelegt. Diesen Weg beschreitet die Gesellschaft für Wohn- und Gewerbeimmobilien Halle-Neustadt (GWG) erstmals. Bis Jahresende soll der Plattenbau mit den Hausnummern 59 bis 69 entlang der Magistrale praktisch halbiert sein, ohne etwas abzureißen. "Wir riegeln die oberen Etagen vollständig ab", sagt Daniela Landgraf. Die Bereichsleiterin für Wohnungswirtschaft der GWG erklärt, wie das vor sich geht: Sämtliche Versorgungsleitungen werden abgeklemmt und die Treppenhäuser mit Gittern und Türen gesichert. Die Fahrstühle enden im dritten Stock. Zusätzlich erhält das rund 43 Jahre alte Haus an der "Nahtstelle" zwischen bewohntem und unbewohntem Bereich eine Dämmung.
Von den insgesamt 266 Wohnungen können auf diese Weise 96 stillgelegt werden. Dabei handelt es sich um die vier mittleren Eingänge. Die äußeren beiden Bereiche des Plattenbaus bleiben über elf Geschosse bewohnt. Dort befinden sich größere Wohnungen, die gut nachgefragt sind, so Daniela Landgraf. Bei den übrigen Wohnungen sei das nicht der Fall gewesen. "Der Leerstand betrug rund
50 Prozent", erläutert GWG-Pressesprecherin Doris Henning. Und das, obwohl die Mieten für die oberen Wohnungen schon recht günstig waren. Doch kaum jemand wollte dort wohnen.
Um die hohen Leerstandskosten zu senken, war deshalb zuerst geplant, das Haus umzubauen. Aus sechs sollten zwei von Pförtnern überwachte Eingänge werden. Das hätte den Mietern mehr Service und Sicherheit gebracht. In Punkthochhäusern gibt es damit gute Erfahrungen. Doch die Stadt, so Doris Henning, habe den Umbau vor allem aus sicherheitstechnischen Gründen abgelehnt. Auch ein kompletter Abriss sei nicht in Frage gekommen, weil das Gebäude an der Magistrale (Nähe Kreuzung Hallorenstraße) das Stadtbild präge. Blieb also nur noch, ganze Etagen stillzulegen.
Vorgesehen ist nun, Wohnungen für Senioren zu schaffen, die ein geringes Einkommen haben. Es werden Rampen für Rollstühle gebaut, so dass 32 barrierefreie Wohnungen entstehen.
Nach den Worten der Pressesprecherin werde es an der Fassade des Blocks keinerlei Veränderungen geben. Auf den ersten Blick sei also nicht zu erkennen, dass die oberen Etagen unbewohnt sind, zumal Hausmeister dort regelmäßig nach dem Rechten sehen. Diese Variante sei auf alle Fälle besser, als das Haus komplett leerzuziehen. Dies habe anschließend meist Vandalismus zur Folge. Und noch einen Vorteil gebe es - sollten irgendwann mal wieder mehr Wohnungen benötigt werden, könnten die jetzt stillgelegten relativ schnell wieder nutzbar gemacht werden.
Ob das Modell auch auf die anderen fünf Elfgeschosser der GWG übertragen wird, stehe noch nicht fest, so Doris Henning. "Wir sehen erst mal, wie es an der Magistrale läuft. Dann entscheiden wir weiter." Das Schließen von ganzen Etagen ist in Sachsen-Anhalt nicht neu. In Sangerhausen und Magdeburg wird es beispielsweise bereits praktiziert.