Halle Halle: Glühweinstand wird Frauen-Stammtisch
Halle (Saale)/MZ. - "Ich wusste gar nicht, dass Halle so viele Einwohner hat." Diese verwunderte Feststellung, getroffen zu abendlicher Stunde an einem Stehtisch am Markt, offenbart: Der Weihnachtsmarkt verzeichnet Hochkonjunktur.
Schon am Eröffnungstag stürmen Hallenser und Gäste in Massen die Glühweinbuden und Karussells, die Brezel-, Kerzen- und Bratwurststände, gibt es kein Durchkommen in den engen Gassen der kleinen Weihnachtsstadt. Mit den mahnenden Worten von Marktkirchenpfarrer Harald Bartl im Ohr, der Advent sei vor allem eine besinnliche Zeit der Hoffnung, die die Menschen am Leben erhält, genießen die Besucher die vorweihnachtliche Atmosphäre.
Seit Jahren haben sich die Hallenser Ingrid Fuchs mit Ehemann Heinz und das Gutenberger Ehepaar Horst Diedrich mit Gattin - ebenfalls eine "Ingrid" - quasi als Familienquartett am Glühweinstand verabredet. "Wir stehen hier von der Kaffeezeit bis zum Abendbrot", sagt lachend Ingrid Fuchs, und ihr Bruder Horst meint, so zwei, drei Mal pro Weihnachtsmarkt-Saison treffe man sich mindestens auf dem seiner Ansicht nach schön gestalteten Markt - und "natürlich nicht nur zum Glühweintrinken."
Dennoch haben die Anbieter dieses Getränks, das am Stand der Finnen nahe des Roten Turms "Glögi" heißt, zumeist die Nase vorn. So auch Ferdinand Bauer, der mit Cousin Mario seit mehr als 15 Jahren von der Nahe an die Saale kommt, um seinen heißen Dornfelder aus Eigenanbau an die sich drängenden durstigen Gäste vor seiner Bude auszuschenken. "Die Hallenser mögen uns - und wir sie", bringt es Bauer, der ein Weingut mit 20 Hektar in Rheinland-Pfalz bewirtschaftet, auf den Punkt.
Klar, gegessen wird auf dem Weihnachtsmarkt natürlich auch: Flammlachs aus Finnland und Bratwurst aus Thüringen, Champignonpfanne für Vegetarier und französische Crêpes, gegrillte Maränen und Fischbrötchen von der Waterkant, ungarischer Langos und deutsche Leber - der Weihnachtsmarkt ist, kulinarisch gesehen, international. Direkt aus der Saalestadt kommt dagegen Florian Fruhnert. Mit seiner Mittelalter-Bäckerei ist der Hallenser seit Jahren Gast auf dem Weihnachtsmarkt und sorgt mit seinem knusprigen Angebot an Pizzateilchen und mit Rahm und Schinken gefüllten ebenso wie ganzen Broten mit für die himmlischen Düfte, die über dem Markt wabern. Ein Brot hat Bettina Ernst gekauft, dazu etwas Schmalz und ein großes Messer mitgebracht - schon wird der Stehtisch zur winterlichen Picknickplattform für die Truppe lustiger Mädels, die sich regelmäßig hier trifft. Damit hält es das Septett wie viele andere, für die der Weihnachtsmarkt, umgeben von Lichterglanz und süßen Düften, ein Ort ist für Treffen jeder Art und willkommene Gelegenheit für Familienbegegnung und "Geschäftsessen", Mini-Firmenweihnachtsfeiern und Kinderbelustigung. Doch abends ist Schluss: in diesem Jahr schon 21 Uhr.