Halle Halle: Fast wie zu Hause
Halle (Saale)/MZ. - Sie greift beim Bettenmachen zu, aber sie ist kein Zimmermädchen. Sie steht in der Küche und bereitet das Frühstücksbüfett vor, aber sie ist keine Köchin. Man kann sie mal an der Rezeption antreffen oder auch über die Buchhaltungsunterlagen gebeugt. Sie greift zum Schraubenzieher oder wechselt eine Glühlampe aus, wenn es erforderlich ist. Ihr Name: Steffi Kröner. Die 52-jährige zierliche Frau arbeitet im Hotel Am Steintor. Sie ist - die Direktorin.
Als Mädchen für alles möchte sie nicht bezeichnet werden - O-Ton Kröner: "Das klingt so abgedroschen." Den Grund ihres umtriebigen Tuns gibt sie mit einem schlichten Satz an: "Das Hotel ist mein zweites Zuhause", so die studierte Wirtschaftsingenieurin für Bauwesen, die über Umwege - darüber wird noch zu reden sein - zu ihrer jetzigen Tätigkeit gekommen ist. Daheim halte sie es ja auch für selbstverständlich, sich für vieles verantwortlich zu fühlen und dafür zu sorgen, dass alles möglichst reibungslos läuft und es den Familienmitgliedern gut geht.
Im Hotel wisse sie ein ausgesprochen gutes Team um sich. Auch deshalb stehe sie natürlich nur in der Küche oder bringe mal das Zimmer eines Gastes in Ordnung, wenn wirklich Not am Mann oder der Frau ist. Das sei vor allem im Sommer der Fall, "wenn bisherige Azubis ausgelernt und einen Arbeitsplatz gefunden und die neuen Lehrlinge ihre Ausbildung noch nicht begonnen haben".
Dank der zwar kleinen, aber gut ausgebildeten und sehr einsatzbereiten Mitarbeiterschar ist es der energischen Chefin gelungen, das Haus nach Jahren der Stagnation und des allmählichen Niedergangs wieder in die Erfolgsspur zurückzuführen. Den Laien mag das Wort Erfolg im Zusammenhang mit einer Auslastung von 35 Prozent im Jahresdurchschnitt merkwürdig erscheinen, doch Steffi Kröner ist realistisch. Das Hotel Am Steintor sei ein kleines Haus mit 20 Doppel- und 28 Einzelzimmern. Hier übernachten nach ihren Worten weniger Touristen, sondern vorwiegend Menschen, die einen Geschäftstermin in Halle haben oder Verwandte besuchen. Freilich sei sie sehr erleichtert, sagt Steffi Kröner, dass die umstrittene Bettensteuer vom Tisch ist. "Die hätten wir, wie viele andere kleine Hotels, nicht auf die Gäste umlegen können, sonst wären sie weggeblieben."
So wie in den Jahren nach der Übernahme und Sanierung des Hotels durch die Hallesche Mitteldeutsche Bau AG (HMB). Bei der Auswahl der Pächter habe das Unternehmen keine glückliche Hand gehabt und auch nach der Übernahme in Eigenregie 1996 sei es "mehr schlecht als recht" gelaufen. Das sagt die Direktorin keineswegs vorwurfsvoll, immerhin - und nun wird der Umweg erklärt - komme sie selbst aus dieser Firma. Die notwendigen Kenntnisse in der Gastronomie habe sie sich nach und nach mit großer Gründlichkeit angeeignet. Das Hotel arbeite seit Jahren mit der Arbeitsagentur zusammen und gibt benachteiligten Jugendlichen eine Chance. "Ich versuche, den jungen Leuten zu vermitteln, wie wichtig eine gute Ausbildung ist." Oft fruchte das. Etliche derjenigen, die Steffi Kröner einst unter ihren Fittichen hatte, "stehen jetzt zum Beispiel an der Rezeption anderer Hotels".