Halle Halle: Ein neues Herz aus Stahl
Halle (Saale)/MZ. - Einen sehr weiten Weg hat die Gasturbine zurückgelegt: von Cincinnati, Ohio, bis ins Kraftwerk Trotha. Das sind gut 7 200 Kilometer, Luftlinie. Doch ein paar Kilometer kommen noch hinzu, denn das neue stählerne Herz des Kraftwerks wurde nach der Atlantikpassage per Schiff zwischenzeitlich in Westdeutschland samt Getriebe und Generator vormontiert. Und erst nach einer Reise über Nekar, Elbe und Saale kam die Technik im nahen Trothaer Hafen an. Elf Monate nach der Bestellung der Turbine wurde geliefert. Trotz der langen Anfahrt - die letzten Meter waren die schwierigsten. Es dauerte allein drei Tage, bis die drei Teile, die zusammen schlappe 150 Tonnen wiegen, per Hydraulik-Bahnen auf ihrem neu gegossenen Betonfundament angekommen waren.
Testbetrieb im November
Und da steht sie nun, die neue Gasturbine. Mühsam eingepasst in das bestehende Kraftwerks-Haus, hinein bugsiert in ein Gewirr von blitzenden Rohren. Das 50 Tonnen schwere Monstrum steckt in einem Metallgehäuse, groß wie ein Schiffscontainer. Die Montage läuft auf Hochtouren. "Wir liegen im Plan. Ab April nächsten Jahres soll die erneuerte Gasturbinen-Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten. Ein Drittel der Hallenser könnte sie mit Strom und rund ein Viertel mit Fernwärme versorgen", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Matthias Krause. Im November soll die Turbine im ersten Testbetrieb hochfahren.
Die vergleichsweise eher kleine Anlage hat dennoch beeindruckende Ausmaße. Ein Teil der Kraftwerksgebäudehülle musste für die Montage ab-, das Filterhaus über der Turbine gänzlich neu gebaut werden.
23,5 Millionen Euro kostet die Modernisierung des Kraftwerks. Neben der Gasturbine werden unter anderem Getriebe, Generator und Luftzuführungssysteme sowie Steuerungs- und Regelungsanlagen erneuert. Allein die Turbine kostet 14 Millionen. Eine solche Anlage stemmen die Stadtwerke nicht allein. Die Verbundnetz Gas AG (VNG) und das kommunale Unternehmen haben eigens ein Unternehmen gegründet, die Heizkraftwerk Halle-Trotha GmbH. Gemeinsam setzen die Partner in Halle weiter auf Kraft-Wärme-Kopplung. Das bedeutet, dass die Anlage gleichzeitig Strom und Fernwärme liefert. Die in Trotha erzeugte Wärme soll im Netz der Stadt genutzt, der Strom aber bundesweit vermarktet werden.
Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung ist einfach. In der Kraftwerkshalle ist das gut nachzuvollziehen. Auf der einen Seite der Turbine, die einmal Erdgas verfeuern wird, werden gerade Getriebe und Generator montiert. Über den Generator liefert die Gasturbine später Strom. Auf der anderen Seite der Maschine gähnt derzeit noch ein großes Loch: Dort verlässt später die 500 Grad heiße Abluft die Turbine und gelangt in den 21 Meter hohen Kessel des Kraftwerks. Die ebenfalls erneuerte Dampfturbine wird dann Fernwärme liefern. Um das Erdgas in sicheren Mengen heranzuschaffen, werden übrigens derzeit auch eine neue Druckleitung gelegt und eine Verdichteranlage gebaut. "Die Kraft-Wärme-Kopplung ist hocheffizient und derzeit eines der umweltverträglichsten und zugleich rentabelsten Verfahren, Erdgas optimal und wirtschaftlich zu nutzen", sagt Geschäftsführer Krause.
Alte Turbine war verschlissen
Man habe investieren müssen. Denn für die alte Turbine war nach 110 000 Betriebsstunden der TÜV endgültig abgelaufen, im März 2010 wurde sie heruntergefahren. "Wir wollten aber nicht einfach die alte Turbine ersetzen, sondern suchten nach einer Variante, mit der wir flexibler reagieren können." Die modernisierte Anlage kann den Wärmebedarf der Stadt decken und im Sommer auf reine Stromerzeugung umschalten. Und das mit einem Wirkungsgrad zwischen 87 und 90 Prozent. "Sehr gute Braunkohlekraftwerke erreichen rund 41", so Krause.
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