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Halle Halle: Der Tod gehört zum Leben

Von ANJA HEROLD 04.07.2011, 18:34

Halle (Saale)/MZ. - Manchmal kommt das Ende sehr schnell. Da hat Irmela von Hasselbach einen schwer kranken Menschen besucht, und am nächsten Tag ist dieser verstorben. Nicht unverhofft, aber doch so schnell, dass sie sich nicht mal verabschieden konnte. Das schmerzt noch immer, auch wenn die ehrenamtliche Hospizhelferin mit zunehmendem Alter und wachsender Erfahrung akzeptiert: Das ist jetzt so.

Als sich die 55-Jährige vor vier Jahren für die Begleitung Sterbender entschied, hat sie den Tod bewusst in ihr Leben geholt. Warum? Irmela von Hasselbach überlegt kurz: "Nicht nur, weil ich Menschen helfen wollte. Das spielt natürlich auch eine Rolle. Aber vor allem habe ich es für mich getan: Ich wollte den Umgang mit dem Sterben lernen." Im Hospiz zähle nur noch das Wesentliche, es herrsche absolute Ehrlichkeit; das gefalle ihr.

2007 hat sie die "Befähigung für den ambulanten Hospizdienst" erworben. Seitdem hat sie als Ehrenamtliche sechs Menschen auf dem letzten Weg begleitet, hat sie zu Hause besucht, mit ihnen gesprochen, Wege für sie erledigt. "Einmal bin ich zu einer Frau gefahren, damit ihr Mann zum Friseur gehen konnte. Er war mit der Pflege seiner Frau so beschäftigt, dass ihm dafür einfach keine Zeit blieb." Es sind diese scheinbar kleinen Dinge, diese ein, zwei Stunden in der Woche, die die Arbeit der Hospizhelfer so wichtig machen. Und natürlich ihr Lächeln, ihr Händedruck, ihre Zeit.

Irmela von Hasselbach erfährt gerade erneut, wie wichtig sie für einen Menschen sein kann, den sie eigentlich kaum kennt. Sie besucht seit drei Wochen eine Frau, deren eigentliche Betreuerin im Urlaub ist. Zwischen ihnen habe sofort große Sympathie geherrscht. Nun werde sie ihre Besuche fortsetzen, weil beide es wollen. Natürlich sei die Gefahr groß, dass solche Nähe auch Schmerz bedeutet. "Manchmal bedrückt es mich sehr, wenn es jemandem schlecht geht. Dann wache ich nachts auf, frage mich, wie ich helfen kann." Trotzdem hat Hasselbach gelernt, ihr Privatleben von ihrer Arbeit zu trennen. In ihrem Beruf als Naturheilpraktikerin nehme sie die Geschichten der Patienten ja auch nicht mit nach Hause. "Wichtig ist, sich auch Zeit für sich zu nehmen."

Der Tod beeinflusse ihr Leben nicht negativ, im Gegenteil: Sie habe gelernt, dass er zum Leben dazugehöre. "Vor drei Jahren ist meine Mutter gestorben. Das war natürlich traurig, aber es war nichts Schlimmes. Es war einfach so." Das Ende zu akzeptieren, bedeute nicht, gefühlskalt zu werden. Auch sie machte schon eine längere Pause nach dem Tod eines Menschen. "Damals hatte ich das Gefühl, ich brauche Abstand." Durch Supervisionen, Helfertreffen und Gespräche mit den Koordinatorinnen vom Hospiz würden die Ehrenamtlichen gut aufgefangen. Trotzdem könne es zu emotionalen Belastungen kommen. Ganz besonders bei sterbenden Kindern. Deshalb begleite sie nur Erwachsene.

Allerdings hat sie gerade erst mit Kindern das Thema Tod bearbeitet - in Bildern, Texten, Gesprächen. Die Montessori-Schule hat in einer Klasse eine Woche lang das Projekt "Hospiz macht Schule" durchgeführt. Denn für Kinder sei das Thema Sterben häufig ein noch größeres Tabu als für Erwachsene. "Aber wie sollen sie dann lernen, dass Menschen sterben müssen?"