Halle Halle: Der hallesche Himmelsleiter-Traum
Halle (Saale)/MZ. - Alle reden von Gropius. Wenn es um die grandiose Architektur-Ausstellung "Eine Stadtkrone für Halle" in der Moritzburg geht, überstrahlt der Bauhaus-Star alles, was da an Entwürfen für eine Bebauung von Lehmanns Felsen gezeigt wird. Dies aber sehr zu Unrecht, denn viele Ideen der beteiligten Architekten aus dem Jahr 1927 waren einfach atemberaubend. Vor allem auch die von Richard Schmieder, meint Christine Fuhrmann, Kuratorin der "Stadtkrone"-Schau.
Schmieder hatte als einziger Beteiligter des Wettbewerbs gleich zwei Entwürfe eingereicht. Der Aufgabenstellung, über der Saale zusammenhängend eine Kunsthalle, ein Kongressgebäude und ein Stadion zu planen, kam Schmieder einerseits mit einer Felsüberbauung als "Hallesche Akropolis" und mit dem Entwurf (im Bild) nach, in dessen Mittelpunkt eine große, verbindende Freitreppe - also wohl eine Art hallesche Himmelsleiter - steht.
Die orientiere sich, so meint der hallesche Architekt und Denkmalpfleger Helmut Stelzer, durchaus an großen Vorbildern in Rom wie der Spanischen Treppe - oder jener Treppe, die zum Capitol führt. Das Bemerkenswerte an der halleschen Himmelsleiter ist freilich, dass sie - trotz ihrer Größe - wohl ein sehr menschliches Maß gewahrt hätte. "Ein Erlebnisweg", meint Stelzer, sollte sie wohl sein.
Immerhin, hinter dieser Treppe zeichnet sich kein riesenhaft wirkendes Gebäude ab, sondern nur eingeschossig sichtbar der Eingang zum Stadion. "Der Weg ist das Ziel", wäre also die Botschaft dieser Himmelsleiter gewesen. Sie hätte die Lust am Aufsteigen als das Eigentliche vermittelt. Ebenso wie die biblische Himmelsleiter-Vision ist die hallesche von Schmieder im Kontext einer schwierigen Zeit voller zurückliegender und bevorstehender Gefahren zu sehen. Für Schmieder und Kollegen war nach überstandener Inflation und vor der heraufziehenden Depression wohl genau die richtige Zeit, Großes zu ersinnen. Würde es Schmieders Himmelsleiter heute geben, sie könnte - wie die Erfurter Domstufen - ein zentraler Treffpunkt sein: und Kulisse für Theater oder sogar für große Oper.
Doch Schmieder (Jahrgang 1890) hat Halle nicht nur Visionen, sondern auch tatsächliche architektonische Glanzlichter hinterlassen: wie das bauhausartige einstige Puppentheater im Mühlweg (zuvor Haus der Thomasius-Loge) oder die nur noch ansatzweise erkennbare expressionistische Fassade des Geschäftshauses Paul Krause in der Geiststraße.
Auch wenn die Realisierung von einem der Stadtkrone-Entwürfe letztlich durch die Weltwirtschaftskrise vereitelt wurde, sind all die Pläne aus der Sicht von Stelzer "keinesfalls folgenlos" geblieben. Denn vielen Architekten hätte sie erkennbare Inspirationen geliefert.
Führung: Sonntag, 11 Uhr. Finissage der Schau: 9. Oktober, 15 Uhr.