Halle Halle: Dagmar Szabados hat den Spaten abgegeben
Halle (Saale)/MZ. - Halles Oberbürgermeisterin ist eine Sammlernatur. Dagmar Szabados (SPD) bringt sich von Reisen privat gerne Glöckchen mit. Dienstlich geht es da schon rustikaler zu: Seit gut 20 Jahren hat sie als Umweltdezernentin, Bürgermeisterin und Oberbürgermeisterin schon einige Spaten eingestochen, Richtfest-Hämmer geschwungen, Grundsteine vermauert und Bänder durchschnitten - und nichts davon weggeworfen. 87 dieser "Werkzeuge der Erneuerung", wie sie sagt, lagerten bisher reichlich wild in ihrem Dienstzimmer. Am Mittwoch hat sie diese ansehnliche Baumarkt-Geräte-Auswahl dem Stadtmuseum übergeben. Denn die Werkzeuge repräsentieren Hunderte Millionen Euro an Investitionen in Halle seit 1992 - und sind so echte Zeitzeugen. "Wir wollen in unserer neuen Dauerausstellung Stadtgeschichte anhand von Objekten erzählen. Bei der jüngeren Geschichte bleiben uns da aber oft nur Pläne und Modelle", sagt Susanne Feldmann, Kuratorin der neuen großen Stadtgeschichtsschau.
Für Szabados handele es sich auch um "Werkzeuge der Erinnerung". Jedes einzelne Gerät. Und sie hat die Sammlung zusammengehalten. "Nicht einen Spaten habe ich meinem Mann überlassen." Wenn eine Sammlernatur wie sie den Spaten abgibt, dann schmeckt das natürlich nach Abschied. Das gibt die scheidende Oberbürgermeisterin, deren Amtszeit am 30. November endet, gerne zu: "Wenn ich das alles sehe, das treibt mir fast die Tränen in die Augen." Sie könne sich an jeden Anlass erinnern. Der älteste Spaten etwa wurde 1992 für den Baubeginn der Gas-Station in Nietleben benutzt. "In den ersten Jahren nach der Wende wurde vor allem in die Umwelt investiert, in Kläranlagen. Dann kamen die Sanierungen von Krankenhäusern und Altenpflegeheimen, dann Infrastrukturprojekte und Unternehmens-Ansiedlungen hinzu. Erst später Kindergärten und Schulen." Einen Lieblings-Spaten hat die Sammlerin aber nicht. Vielleicht der für den Stadionneubau. "Das hatte zehn Jahre Vorbereitungen gekostet." Die Spaten sind so vielgestaltig wie die Projekte, für die sie stehen. Manche Gartengeräte sind aufwendig gestaltet, bei anderen wurde bloß der Stift rausgeholt, um sie zu beschriften. Der größte Spaten ist fast zwei Meter hoch, er steht für sieben symbolische Spatenstiche am Technologiezentrum Weinberg. Und nur ein einziges dieser 87 Werkzeuge der Investitionsgeschichte ist übrigens ein Blindgänger: Der Spaten für die Pyrolyx-Anlage, den Szabados gemeinsam mit dem damaligen Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) in die Erde stach, blieb ein Versprechen.
Die Werkzeugsammlung der OB dürfte relativ einzigartig sein. "Es ist selten, das jemand in leitender Position in einer Stadt über 20 Jahren aktiv war und alle diese Zeitzeugen aufgehoben hat", sagte Kulturdezernent Tobias Kogge. Und auch, dass es überhaupt in so wenigen Jahren so viele Großprojekte gegeben habe. Ein Spaten fehlt freilich: "Der für die Baubeginn an der Spitze. Der Spaten hing immer im Büro von Klaus Rauen an der Wand. Ich habe ihn angerufen: Er hat ihn nicht mitgenommen. Wer weiß, in welchem Garten der jetzt steckt", sagt Szabados.