Halle Halle: Bücher statt Plakate
Halle (Saale)/MZ. - Ukalawa, Süd-Tansania: Viele Kinder müssen jeden Morgen kilometerlange Wege über staubige Pfade bis zur Schule laufen. Und sie sind echte Frühaufsteher: Schon um halb sieben ist Schulbeginn. Bücher gibt es nicht, gelernt wird anhand von Plakaten und dem, was die Lehrerin an die Tafel schreibt. Der Maisbrei am Mittag ist häufig die erste Mahlzeit.
Nicht vergleichbar ist der Schulbesuch in dem afrikanischen Bergdorf mit den Unterricht in Grundschulen in Halle. Und gerade deswegen möchte die Dürer-Schule im
Paulusviertel künftig die rund 500 Grundschulkinder in Ukalawa - die dort die erste bis siebte Klasse umfasst - unterstützen. "Viele unserer Eltern sind auch in der evangelischen Paulusgemeinde aktiv, die bereits seit längerem Schülern aus Ukalawa finanziell unter die Arme greift", erklärt Schulleiterin Gudrun Voigt, wie der Kontakt zustande kam.
Seit 2004 hatten die Dürer-Kinder mit insgesamt rund 5000 Euro Spenden aus Basaren eine Schule in Mali unterstützt - nun soll in einem anderen afrikanischen Land geholfen werden. Bei einem Besuch in der Partnergemeinde überbrachte Irmtraud Herms, die als frühere Uni-Dozentin fließend die Landessprache Swahili spricht, jetzt auch Fotos der Dürer-Schule an die Schüler in Ukalawa. Die Kinder hatten eigens ein kleines Faltblatt auf Englisch gestaltet, in dem sie ihren Schulalltag schildern und ihn in Bildern zeigen. "Die Kinder dort haben sich riesig gefreut und ebenfalls auf Englisch über den Alltag in ihrer Schule geschrieben", berichtet sie. Natürlich hatte Irmtraud Herms die Antwortbriefe der afrikanischen Kinder im Gepäck.
Wofür die Spendengelder am besten verwendet werden sollen, die an der Dürerschule über Basare zusammenkommen werden, darüber braucht Irmtraud Herms nicht lange nachdenken: "Vor allem Schulbücher fehlen." Denn um Kindern Bücher zu kaufen, dafür hat in Ukalawa niemand Geld. Zwar kostet ein Mathe- oder Englischbuch umgerechnet nur 2,40 Euro. "Aber das ist etwa das Drittel des Monatseinkommens, das beispielsweise ein kirchlicher Mitarbeiter in Ukalawa bekommt", setzt die Afrikanistin die Zahl in eine Relation. Irmtraud Herms kennt die Verhältnisse in Tansania sehr gut; mehrfach hat die Hallenserin Reisen durch das Land gemacht und 1985 die Partnerschaft der Paulusgemeinde mit Ukalawa mit initiiert. Im Oktober dolmetschte sie für die evangelische Landesbischöfin Ilse Junkermann auf deren Tansania-Reise. Die Landeskirche hat Partnerschaften zu verschiedenen evangelischen Diözesen im Land am Kilimandscharo.
Auch wenn das Schulsystem in Tansania stark reformiert worden ist - die Grundschule ist kostenfrei, möglichst viele Schüler sollen nach dem Wunsch der Regierung auch die Oberschule besuchen - so sieht Irmtraud Herms nach wie vor Defizite: "Von der jetzigen Abschlussklasse der Grundschule werden von 84 Schülern nur rund 50 die Prüfung schaffen, mit der sie auf die weiterführende Schule zugelassen werden." Grund dafür seien unter anderem zu wenige ausgebildete Pädagogen und fehlende Arbeitsmaterialien.
Aber es gibt auch zahlreiche gute Beispiele betont Irmtraud Herms. So ist ein junger Mann, dem über Spenden der Paulusgemeinde der Besuch der schulgeldpflichtigen Oberschule ermöglicht wurde, heute ein engagierter katholischer Priester. Ein anderer geförderter junger Mann leitet heute nach einem Studium das Katasteramt der Kreisverwaltung in Njombe; ein Dritter lehrt an einer Universität Englisch und Swahili.
Das und vieles mehr werden die Dürer-Kinder am 24. November bei einem Projekttag noch genauer von Irmtraud Herms erfahren. Denn dann wird sie in der Schule über ihre Reise erzählen und viele Fotos aus Ukalawa mitbringen.