Halle bleibt Tabellenführer Halle an der Spitze der Handball-2. Bundesliga: Anica Gudelj ist "Magierin" der Wildkatzen

Halle (Saale) - Im Deutschen fehlen zwei Worte. Wodurch Frauen benachteiligt werden. Der Handball liefert die Beispiele. Da gab es früher zum Beispiel für Torhüter entsprechende Kampfnamen, die überragende Leistungen treffend beschrieben: Andreas Thiel, der legendäre BRD-Nationalkeeper, bekam wegen seiner unglaublichen Reflexe den Zusatz „der Hexer“. Sein DDR-Pendant von Weltklasse, Wieland Schmidt aus Magdeburg, hieß „das Phantom“. Wie nennt man aber eine Frau, möchte man sie in Anlehnung an die Helden vergangener Tage mit einem ähnlichen Begriff adeln?
„Hexerin“? Geht nicht! „Hexe“ liefert der Duden für Frauen. Geht erst recht nicht, weil negativ belegt und damit untauglich, Positives zu umschreiben! „Phantomin“? Völliger Quatsch! Aber was geht, das ist „Magierin“.
Im Fall von Anica Gudelj halfen auch Adjektive, um eine wirklich starke Leistung zu beschreiben. „Stark“, „großartig“ und „wirklich klasse“, so beschrieben Mitspielerinnen die Leistung ihrer Torhüterin nach dem begeisternden wie packenden 20:19 (8:5)-Erfolg von Union Halle-Neustadt gegen Buchholz-Rosengarten.
„Wildcats“ sind heiße Aufstiegsanwärter
„Spitzenreiter! Spitzenreiter!“ schrie danach Nadine Smit über das extra ausgeborgte Mikrofon den Rängen entgegen. Und die 686 Zuschauer, ob des dramatischen Topspiels der zweiten Handball-Bundesliga und dem positiven Ergebnis sowieso aus dem Häuschen, schmetterten den Schlachtruf mit. Spätestens seit Sonnabend steht fest: Nach nun neun Siegen in neun Spielen sind die „Wildcats“ der heißeste Aufstiegsanwärter der Liga.
Was auch mit „Magierin“ Anica Gudelj zu tun hat. Mitten im Trubel nach dem Abpfiff stand die Kroatin auf dem Parkett der Erdgas Sportarena und schrieb Autogramme auf Bälle, die ihr junge Handballerinnen gereicht hatten. Und dabei blieb sie trotz einiger Lobeshymnen auf ihre Leistung ganz bescheiden. „Die Abwehr hat gut gestanden, deshalb konnte ich auch gut halten“, sagte die 28-Jährige und lobte ihre Vorderfrauen: „Sie haben richtig gut gekämpft.“ Doch mit ihren Paraden, die letzte in der finalen Sekunde des Spiels, war Gudelj der entscheidende Rückhalt in einem Spiel mit zwei konträren Halbzeiten.
15 Minuten ohne Gegentreffer
Die Torarmut des ersten Abschnitts entsprach hauptsächlich enormer Nervosität beider Teams, die in zahlreichen technischen Fehlern gemündet hatte. Anica Gudelj aber erledigte in dem vogelwilden Treiben der anderen ihren Job mit rekordverdächtiger Güte. Ab der 15. Minute ließ sie bis zur Pause keinen Treffer der Gäste mehr zu. „Ich weiß nicht, wann ich das zum letzten Mal erlebt habe“, staunte sie selbst. Magisch zog sie die Bälle an. Eine „Magierin“ halt.
Union-Trainerin Tanja Logvin fand: „Anica war in dieser Phase die beste Spielerin auf dem Feld“, und sie stöhnte angesichts der Fehlerserien der anderen Darstellerinnen. „Mit Handball hatte das nichts zu tun. Aber unsere Defensive war sensationell.“ In der zweiten Halbzeit entwickelte sich dann ein packender Schlagabtausch, „ein echtes Spitzenspiel“, wie nicht nur Union-Präsident Bodo Meerheim fand.
Lang und Lütke drehen auf
Jetzt zeigten die Gäste, das ehemalige Team von Logvin, warum sie seit Jahren zu den besten der zweiten Liga gehören. Und aufseiten von Halle stachen nun in der Offensive die bewährten Trümpfe Saskia Lang (fünf Tore) und Sophie Lütke (vier).
Saskia Lang wurde folglich auch vor die TV-Kamera gebeten. „Die Abwehr war schon ziemlich geil. Und Anica war überragend. Wir hatten heute die bessere Torhüterin. Das hat auch den Ausschlag gegeben“, meinte die ehemalige Nationalspielerin. Nicht nur sie sprach danach offen von den Aufstiegsambitionen. Auch Anica Gudelj meinte: „Die Chemie in der Mannschaft stimmt und wird von Woche zu Woche besser. Im Hinblick auf den Aufstieg haben wir gezeigt, dass wir die Klasse dafür haben.“
Womöglich lernt „Magierin“ Anica Gudelj den berühmten „Hexer“ in der kommenden Saison auch persönlich kennen. Der 59-jährige Thiel ist seit 2018 Vorstandsvorsitzender der Handball-Bundesliga der Frauen. Und die Wildkatzen sind auf einem guten Weg dorthin zurück. (mz)

