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Halle Halle: 18 Kindereinrichtungen bleiben zu

Von ANNE PASSOW UND KATRIN LÖWE 26.05.2009, 08:00

HALLE/MZ. - Erkennt weder die anderen Kinder noch die Erzieherinnen.Weil die Mitarbeiterinnen seiner Kita "Froschkönig"für bessere Arbeitsbedingungen streiken, istCorentin für einen Tag in der Nachbareinrichtunguntergebracht.

Notbetreuung eingerichtet

Insgesamt zwölf Kitas in Halle bliebenam Dienstag geschlossen. Die Kinder kamen in anderenEinrichtungen unter, 23 standen bereit. LautStadtverwaltung wurden von 1500 betroffenenKindern 150 bis 200 dort betreut. "Die meistenEltern konnten ihre Kinder privat unterbringen",so Simone Dinter, Elternvertreterin im "Froschkönig".

So wie Maria Augustin. Die voll berufstätigeMutter hat ihren dreijährigen Sohn zur Omagebracht. Für den Streik hat sie nur teilweiseVerständnis: "Den Erzieherinnen soll es gutgehen. Aber für mich war es nicht leicht,eine Betreuung zu organisieren." Martina Liebig,Corentins Mutter, hat dafür niemanden gefunden.Frei nehmen konnte sich die Verkäuferin auchnicht. Trotzdem hat sie Verständnis für dieStreikenden. "Ich wünsche mir für meinen Sohn,dass die Erzieherinnen ihre Situation verbessern."Und Susanne Reinhold, Mutter einer vierjährigenTochter, sagt: "Das ist ein Job mit großerVerantwortung. Da sollten die Arbeitsbedingungenstimmen."

"Froschkönig"-Erzieherin Kerstin Griesingmacht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam."Mehr als 20 Prozent der Erzieherinnen könnensich nicht vorstellen, in diesem Job gesundalt zu werden", sagt sie. Entsprechende Zahlenhatte zuletzt die Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft genannt. Am späten Vormittaggehört Griesing zu den mehr als 200 mit Trillerpfeifenausgestatteten Erzieherinnen und Sozialarbeiternaus 18 Einrichtungen, deren Protestzug dieviel befahrene Magdeburger Straße und denRiebeckplatz blockiert.

Probleme mit Wirbelsäule

Auch unter ihnen: Angela Ryll. Zweimalmusste sie bereits mit einer Blockade derLendenwirbelsäule zum Arzt. Verwundert istdie Heilpädagogin aus der integrativen Kita"Däumelinchen" darüber nicht. "Pro Gruppegibt es bei uns nur einen Erzieherstuhl",sagt die 42-Jährige - aber drei Erzieherinnen.Zwei müssen zwangsläufig Kinderstühle nutzen.Wenn sie nicht gerade auf dem Boden knienoder Kinder hochheben. "Wir haben auch autistischeKinder", sagt Ryll. Sie müssten oft getragenwerden, weil sie auf akustische Signale nichtreagieren - in älteren Gruppen wiegen siedurchaus 25 Kilo.

Der Lärm tue ein Übriges. Mehr als die Hälfteihrer Kolleginnen leide unter gesundheitlichenBeeinträchtigungen von Rückenschäden bis zuTinitus, schätzt Ryll. Ähnliches berichtenKerstin Janietz und Monika Löffler aus dem"Goldenen Schlüsselchen". Rund 50 Mal am Taghebt eine Erzieherin ein Kind, sagen sie."Und bei denen, die noch nicht richtig laufen,geht man in gebückter Haltung", so Löffler."Abends ist man richtig fertig."

Im Streik um bessere Arbeitsbedingungen undmehr Gesundheitsschutz haben die Erzieherinnenkonkrete Vorstellungen: schalldämpfende Fußbödenund Wände, größere Räume, mehr und bessereAngebote wie Rückenschulen. Und vor allemmehr Personal und kleinere Kindergruppen.Am Mittwoch werden die Streiks im Norden des Landesfortgesetzt - es bleiben Einrichtungen inBurg, Biederitz-Möser und Oebisfelde geschlossen.Je nach Verlauf der Tarifverhandlungen sindlaut Verdi auch nächste Woche Streiks möglich.