Gymnasium in Landsberg Gymnasium in Landsberg: Gespräche und Weiterbildungen sollen aufklären

Landsberg/Halle (Saale) - Es war alles andere als ein gewöhnlicher Vormittag nach Ferienende am Gymnasium Landsberg (Saalekreis) - nicht nur, weil ein beliebter Kunstlehrer an diesem Montag beigesetzt wurde. Wie anders der Tag war, machte schon der Anblick am Morgen deutlich: Auf dem Schulhof parkte ein Streifenwagen der Polizei - offiziell wegen der künftigen Präventionsarbeit mit der Schule. Die Polizei war bald weg. Was blieb, war das Problem, dessen Aufarbeitung erst richtig beginnen sollte: Schüler einer neunten Klasse hatten über den Internet-Dienst Whats-App unter anderem Fotos von sich beim Zeigen des Hitlergrußes und NPD-Plakate verschickt. Sie gingen an alle 29 Mitschüler, unbemerkt von Eltern oder Lehrern. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen - mit Schlagzeilen über die „Nazi-Klasse von Landsberg“.
Am Montag gab es zum ersten Mal das Gespräch von Schulleitung, Sozialarbeiterin und Klassenlehrerin mit der ganzen Klasse. In der ersten Unterrichtsstunde stand nichts anderes auf dem Programm. Eines der Ergebnisse, die Direktor Lutz Feudel danach sah: „Wir haben keine Ansätze dafür, dass wirklich rechtsradikales Gedankengut verbreitet werden sollte.“ Es sei ein Balanceakt, in dem man nicht bagatellisieren, aber auch nicht per?se kriminalisieren wolle, hatte Feudel schon zuvor gesagt.
Maßgeblich sollen an den Vorfällen fünf Schüler beteiligt gewesen sein, die Polizei ermittelt. In ersten Einzelgesprächen noch in den Ferien habe er den Eindruck gewonnen, dass es den Jugendlichen um den Reiz des Tabubruchs ging, um eine Rolle als „Spaßverbreiter“ in der Gruppe, so Feudel. Welche Dimension die Vorfälle hatten, sei ihnen nicht in den Sinn gekommen.
Erledigt war das Problem damit für ihn aber lange nicht. „Unser Klärungsbedarf ist nicht zu knapp.“ Die Whats-App-Nachrichten waren zudem nicht nur Thema in der betroffenen neunten Klasse. Auch in anderen Klassen wurden die Vorfälle am Montag thematisiert. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, so Feudel. Der Umgang mit neuen Medien müsse verstärkt auf die Tagesordnung. Zudem werde überlegt, im Geschichtsunterricht der neunten Klasse das Thema Zweiter Weltkrieg vorzuziehen. Eigentlich ist es im zweiten Halbjahr dran.
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Nach dem Gespräch mit den Neuntklässlern am Montag sieht der Direktor aber auch diese selbst am Zug. Er denke, nun ein Bild zu haben von dem, was vorgefallen sei, so Feudel. Unter anderem sei jetzt auch bekannt, wer einem jüdischen Schüler einen NPD-Sticker an die Kapuze geklebt haben soll - ein weiterer Vorfall, der laut Feudel nicht von allen Mitschülern reaktionslos hingenommen wurde. Die Schüler selbst sollen nun überlegen, wie das Thema weiter aufgearbeitet werden kann, wie sie sich öffentlich positionieren wollen. „Sie sind sich jetzt auch der Rufschädigung für die Schule bewusst“, so Feudel. Noch in dieser Woche müssten sie „von sich hören lassen“. Wie schulische Konsequenzen ihnen gegenüber aussehen, ließ der Direktor noch offen.
Gesprächsbedarf haben auch Eltern. Auf einer ersten Elternversammlung am vergangenen Mittwoch hätten sie neben Überraschung und Entsetzen über die Vorfälle selbst auch Bestürzung über eine Stigmatisierung als „Nazi-Klasse“ und eine „Hetzjagd“ auf Schüler und Schule geäußert, sagte die stellvertretende Schulleiterin Sybille Lorenz am Montag.
Im Ansatz zumindest scheint bekannt, warum die Nachrichten eine Zeit lang unbemerkt blieben: Schüler hätten auch Angst gehabt, dass ihnen Smartphones entzogen werden, wenn sie davon berichten, so Feudel. In einigen Elternhäusern sei das jetzt geschehen. Der Schulelternrat verwies am Montag darauf, dass seit Wochen unabhängig von den jüngsten Vorfällen Präventionsarbeit mit dem regionalen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus geplant worden sei. (mz)

