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Graffiti Graffiti: Die meisten Verfahren eingestellt

09.08.2002, 16:35

Halle/MZ/sz. - Doch bis Mai dieses Jahres wurden im gesamten Bereich der Staatsanwaltschaft Halle (Halle, Saalkreis, Merseburg, Sangerhausen, Eisleben) nur sieben Personen nach Graffiti-Aktionen verurteilt, die sie im Vorjahr begangen hatten. "Allerdings sind Ermittlungen aus dem Jahr 2001 gegen 156 Beschuldigte noch nicht abgeschlossen", relativiert Oberstaatsanwalt Rolf Kunzmann, der die Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft Halle leitet.

Von fast 500 Ermittlungsverfahren gegen rund 1 100 Beschuldigte im gesamten Bereich (separate Zahlen für Halle liegen nicht vor) musste die Anklagebehörde in 128 Fällen die Akten gleich wieder zuklappen. Grund: Die Täter waren unter 14 Jahre alt und damit strafunmündig. "Die einzige Möglichkeit ist dann, die Akte an das Jugendamt zu schicken, wenn das Kind auch wegen anderer Delikte aufgefallen oder ein Wiederholungstäter ist", erläutert der Jurist.

Über 58 Prozent aller Verfahren musste die Staatsanwaltschaft darüber hinaus mangels hinreichenden Tatverdachts einstellen. Warum, erläutert Kunzmann plastisch: "Selbst wenn bekannt ist, dass eine Person ein bestimmtes Graffiti malt und wieder ein solches Graffiti auftaucht, reicht die täuschende Ähnlichkeit nicht als Beweis aus. Das Verfahren muss eingestellt werden, wenn der Täter den Vorwurf bestreitet." Hintergrund sei auch, dass meist mehrere Jugendliche an den Schmierereien beteiligt sind. Anders liege der Fall, wenn ein anderer Sprayer als Zeuge über den Verdächtigten aussagt - beispielsweise, dass er ihn beim Sprühen des Graffito beobachtet habe. Neben Zeugenaussagen oder einem Geständnis sei auch die Aufzeichnung einer Überwachungskamera als Beweis möglich.

2001 wurde letztlich in 76 Fällen Anklage gegen Sprayer erhoben. Die Bilanz: 69 Verfahren wurden nach dem Jugendgerichtsgesetz nach Zahlung einer Geldbuße oder dem Ableisten von Arbeitsleistungen (meist das Beseitigen der Schmierereien) eingestellt. Ein Täter wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil ihm auch andere Delikte zur Last gelegt worden sind. In sechs Fällen wurden die Täter zu Geldstrafen oder Arbeitsstunden verurteilt.

Die vergleichsweise milden Urteile hängen mit dem Alter der Angeklagten zusammen. Über 80 Prozent sind Jugendliche und Heranwachsende, für die das Jugendstrafrecht anzuwenden ist. "Dessen Sinn und Zweck ist der Erziehungsgedanke: Wie bringe ich den Jugendlichen dazu, keine Straftaten mehr zu begehen? Die Abschreckung tritt im Jugendrecht zurück", erklärt Kunzmann.

Härtere Sanktionen hätten nur die Jugendlichen untereinander, wenn ein Sprayer gegen den Ehrenkodex verstößt. Die als "tags" bezeichneten Unterschriftenkürzel dürften nicht kopiert, gefälscht oder gar übersprüht werden. Sonst seien Schläge und Erpressung von Geld oder Sprühdosen üblich.

Nächste Folge: Was treibt die Sprayer zu ihrem illegalen Tun?