Graffiti Graffiti: Der Staat droht mit Bußgeld
Halle/MZ. - Ist es möglich, Graffiti-Schmierer mit Geldstrafen in die Schranken zu weisen? Sachsen-Anhalt will es versuchen. Seit dem 24. August ist eine Verordnung in Kraft, wonach illegale Graffiti als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können. Es drohen Bußgelder von bis zu 5 000 Euro. "Die neue Landesregierung wollte nicht länger auf eine Änderung des Strafgesetzbuches warten", begründet Matthias Schuppe, Sprecher des Innenministeriums, den Vorstoß.
Das Strafgesetzbuch kann nur vom Bundestag geändert werden. Auch in Halle fordern viele Hauseigentümer einen solchen Schritt. Doch zwei Initiativen sind bereits verpufft (siehe Kasten). Sachsen-Anhalt will nicht locker lassen. "Wir warten die Bundestagswahl ab, und stoßen dann ein neues Gesetzgebungsverfahren an", so Schuppe.
Offenbar ist auch Magdeburg der Auffassung, dass mit Bußgeldern nicht alles zu regeln ist. "Die neue Landesverordnung ist ein hilfreicher erster Schritt. Trotzdem ist ein schärferes Strafrecht notwendig", äußert Eberhard Doege, Halles Ordnungsdezernent. Er hat ein erstes Gespräch mit Vertretern der Polizei geführt. Es ging um die Umsetzung des Bußgeld-Erlasses. Zunächst sei das eine Sache von Polizei und Staatsanwaltschaft. "Die Stadt ist nicht befugt, Ermittlungen zu führen", so Doege. Sollten Anzeigen von Bürgern, die durch Graffiti geschädigt wurden, im Rathaus eingehen, würden sie weitergeleitet. Es bleibe weiterhin Sache der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob die Schmiererei so schwerwiegend ist, dass sie bereits nach heutiger Gesetzeslage als Straftat verfolgt werden muss. Sei sie weniger schwerwiegend, greife die neue Landesverordnung. Dann könne von der Stadt ein Bußgeld verhängt werden. Denn laut dem Magdeburger Erlass ist es verboten, unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache gegen den Willen den Eigentümers durch Farbe oder andere Substanzen "nicht lediglich unerheblich" zu verändern.
Die Frage ist nun, was "nicht lediglich unerheblich" bedeutet. Offenbar erfasst auch die neue Landesverordnung nicht jeden kleinen Krakel. Es bleibt abzuwarten, welchen Ermessensspielraum die Ordnungsbehörden anlegen.
"Täter, die gefasst werden, müssen auch bestraft werden", sagt Hartmut Maurer, Sprecher der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG). Notwendig sei ein Täter-Opfer-Ausgleich, der erzieherische Wirkung zeigt. Die Landesverordnung werde da nicht helfen können, so Maurer. Deshalb sei es nach wie vor notwendig, das Strafgesetzbuch zu ändern. Außerdem nützte es wenig, wenn die Stadt ein Bußgeld kassiert, aber die Hauseigentümer auf ihren Schäden sitzen bleiben.
Erziehung beginnt zuerst im Elternhaus. Darauf weist Guido Schwarzendahl, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Leuna, hin. Er glaube, dass die bisherigen Bundesratsinitiativen in die richtige Richtung gegangen seien, jedoch sollte bei Strafen Augenmaß bewahrt werden.
"Insgesamt haben wir heute mehr Schäden als vor ein oder zwei Jahren", sagt Sven Umlauf, Chef der Reinigungsfirma Exuweg AG. Er ist überzeugt, dass die Sprüher-Szene weiteren Zulauf bekommt. Um so mehr seien der Gesetzgeber aber auch die Hauseigentümer aufgefordert, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Umlauf meint zudem, fast alle Graffiti hätten auch eine politische Aussage, die sich gegen den Staat richte. Von Aktionen des halleschen Jugendamtes, Großflächen für Sprühaktionen zur Verfügung zu stellen, hält Umlauf nichts. Man erreiche damit die illegalen Sprayer nicht, sondern nur die Profis, die Referenzobjekte benötigten. Auch Wolfgang Schultze, Vorstandschef des Bauvereins, mag nicht über solche Aktionen nachdenken. Das Schmieren könne man so nicht eindämmen, glaubt er.
Letzte Folge: Was sagen Halles Bundestagskandidaten? Wie handeln andere Städte?