Globetrotter Globetrotter: Drehorgel-Rolf denkt nicht ans Aufhören

Halle (Saale)/dapd. - Der Mann mit Frack und Melone ist seit drei Jahrzehnten mit Drehorgel und Trabi unterwegs und hat sich als Alleinunterhalter und Aktionskünstler einen Namen gemacht. Das Unikum wird am Freitag (11. Mai) 65 Jahre alt.
Für Becker eine Zahl, „die nur auf dem Papier existiert“. Eine „kleine, geheime“ Feier sei geplant, nur im engsten Familien- und Freundeskreis, sagt er. Denn schon einen Tag später soll er auf einem anderen Geburtstag mit Drehorgel und Sprüche für Stimmung sorgen.
Erzählen kann Becker, der 1947 in Halle als Kind zweier Lehrer geboren wurde: Geschichten von einem Scheich aus Timbuktu, der ihm auf einer Fahrt durch Afrika 2009 seinen stinkenden Zweitakter „abnahm“ oder von all den wichtigen Händen, die er schon geschüttelt habe. Etwa die von Ex-US-Präsident Jimmy Carter, Henry Kissinger oder von Michail Gorbatschow, Hans-Dietrich Genscher und Angela Merkel.
Erste Fernreise von Halle nach Hollywood 1990
Nach der Schule hatte Becker zunächst in Dresden Maschinenbau studiert. Danach arbeitete er in seiner Heimatstadt in einem Pumpenwerk als Ingenieur. Doch irgendwann sei ihm die Erkenntnis gekommen, dass es doch noch mehr geben müsse, als „nur Pumpen zu verkaufen“. Er stieg aus, arbeitete fortan als Filmvorführer oder Stadtführer, insgesamt in mehr als 30 verschiedenen Jobs.
1983 schnappte er sich die Drehorgel und begann seine Laufbahn als Drehorgel-Rolf. Im Dauer-Drehorgeln schafft er einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde. Weitere folgten. „Nach dem zwölften Eintrag habe ich aufgehört zu zählen“, sagt er. Den vorerst letzten Eintrag bekam er im vergangenen Jahr für den größten Kleiderbügel der Welt, den er im Auftrag einer bayrischen Firma fertigte.
Einige weitere Rekordplatzierungen im Guinness Buch hat Becker für seine Trabi-Touren bekommen. Seine erste Fernreise führte ihn kurz nach der Wende 1990 von Halle nach Hollywood. Mit dem Zweitakter aus Zwickau hat Becker inzwischen nahezu alle Kontinente bereist. Es gefalle ihm, mit dem Trabant aufzufallen und damit seine Marke überall auf der Welt zu hinterlassen.
Mit dem Trabant zu Olympia nach London
Seit seinen Trips über den Globus nennt sich Becker D-Rolf. Nur auf die Drehorgel wolle er nicht reduzieren werden. „Ich bin mein Leben lang schon Stand-Up-Comedian, die Orgel ist meine Bühne“, sagt er schon fast trotzig. Mit seinen Aktionen wirbt Becker für soziale Projekte oder für Firmen, die ihn sponsern.
Öffentlichkeit sei in diesem Berufsfeld natürlich gut, meint der Senior, der in Jeans und mit vollem, lockigem weißen Haar dennoch jugendlich wirkt. „Ich wollte immer in der Weltgeschichte herumkommen, Spaß haben und mit fröhlichen Leuten zusammentreffen“, sagt er. Zu allen Olympischen Spielen seit Anfang der 1990er Jahre sei er mit Drehorgel und Trabi gereist.
Nun hat er sein nächstes Ziel vor Augen - die XXX. Olympischen Spiele im Sommer in London. Auch die Fußball-EM in Polen und der Ukraine peilt er an, aber dieses Vorhaben sei bislang erst fifty-fifty sicher, sagte Becker, der seit vielen Jahren in erster Ehe verheiratet ist, eine Tochter und zwei Enkel hat. Während andere mit 65 Jahren in Pension gehen, denkt D-Rolf nicht ans Aufhören. „Rente? Was soll das sein?“, fragt er.