Geschichte Geschichte: Plündernder Leutnant aus Halle
Halle (Saale)/MZ. - Schloss Hubertusburg im sächsischen Wermsdorf galt einst als eins der größten und schönsten Jagdschlösser der sächsischen Kurfürsten. Doch der prächtige Barockbau ist seit 1761 nicht mehr das, was er mal war: Durch eine exzessive Plünderung preußischer Soldaten im Siebenjährigen Krieg wurde er zerstört. Wer der Hauptakteur dieser Plünderung war, das haben jetzt die Brüder Claus und Gert Legal aufgedeckt: In einem Buch entlarven sie den halleschen Leutnant Christoph Friedrich Thiele als den Drahtzieher. Bislang wurde in der Geschichtsschreibung Oberst Quintus Icilius als Anführer des plündernden Frey-Bataillons gesehen. Doch der war nach Recherchen der beiden in München und Mainz lebenden Brüder nur zwei Tage auf Schloss Hubertusburg - und übertrug Thiele die Befehlsgewalt.
"Wir haben nach einem Sonntagsausflug nach Schloss Hubertusburg Feuer für die Geschichte der Plünderung gefangen", sagt Gert Legal, der zusammen mit seinem Bruder in Bernburg und Grimma aufgewachsen ist. Die beiden Rentner und Hobby-Historiker - Gert Legal war Arzt, sein Bruder Redakteur beim ZDF - recherchierten im sächsischen Hauptstaatsarchiv, im Stadtarchiv Halle und im Magdeburger Konsistorial-Archiv. "Dabei sind wir auf einen bislang nicht beachteten Zeugenbericht des Verwalters von Schloss Hubertusburg gestoßen", berichtet Gert Legal.
Darin wird Leutnant Thiele aus Halle mit allen seinen Schandtaten beschrieben: 16 Wochen lang wurde in dem Schloss alles abgebaut, was nicht niet- und nagelfest war: Einrichtung, Tafelgeschirr, Bilder, Parkettböden, sogar Dachrinnen und Türklinken. "Noch heute sind die Spätfolgen der Plünderung sichtbar", sagt Legal.
Thiele, so die Recherchen der Brüder, entstammt aus einer angesehenen Familie, die den Gasthof "Zum güldenen Löwen" in der Nähe der Ulrichskirche bewirtschaftet hat und im Fuhrgeschäft tätig war. 1701 geboren, übernahm Thiele 1731 dann das Gasthaus. Wie der Mann, der seine Erfahrungen mit Transporten und Rechnungen als Zivilangestellter in der preußischen Armee plötzlich zum Leutnant aufstieg, darüber stellen die Brüder in ihrem Buch zumindest eine Vermutung an: "Der Anlass könnte gewesen sein, dass ein Mann gefragt war, der sich im Organisieren von Transporten aller Art auskennt."
Das Buch wird am 26. Oktober im sächsischen "Alten Jagdschloss Wermsdorf" vorgestellt.
Claus Legal, Gert Legal: Friedrich II. Der Fall Hubertusburg. Rudolstadt: Burghügel Editionsverlag, 22,90 Euro.