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Gerichtsverfahren gegen Bernd Wiegand Gerichtsverfahren gegen Bernd Wiegand: Stadtrat erwägt Suspendierung des OB

Von Jan-Ole Prasse 09.12.2014, 18:33
Bernd Wiegand (r.) steht mit seinem Anwalt Michael Nagel vor der Anklagebank.
Bernd Wiegand (r.) steht mit seinem Anwalt Michael Nagel vor der Anklagebank. Jens Schlueter Lizenz

Halle - Im Stadtrat in Halle laufen die Beratungen zum Umgang mit einer möglichen Verurteilung von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) wegen schwerer Untreue. Am Freitag soll das Urteil fallen. Noch am Montagabend haben sich die Fraktionsvorsitzenden der vier großen Parteien zu einer Geheimsitzung getroffen. Dabei einigte sich die Runde darauf, im Falle einer Verurteilung des OB von über einem Jahr durch die Wirtschaftsstrafkammer die Suspendierung des Rathauschefs zu beantragen. Obwohl alle Fraktionschefs Stillschweigen vereinbart hatten, waren Details zu den Plänen bereits wenige Stunden nach der Sitzung durchgesickert.

Wiegands Anwalt hat bereits angekündigt, gegen eine Verurteilung seines Mandanten vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen. Die Suspendierung solle aber auch bis zu einer etwaigen Entscheidung des BGH über einen Revisionsantrag aufrechterhalten werden. Grund: Bei einer rechtskräftigen Verurteilung von über einem Jahr müsste Wiegand automatisch seinen Posten räumen. Dies ist im Beamtengesetz festgelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer 16 Monate Haft auf Bewährung für den OB gefordert.

Mittlerweile ist die Abstimmung der Stadtratsfraktion allerdings wieder hinfällig. Nach einer erneuten, telefonischen Beratung der Fraktionschefs am Dienstagmittag soll im Falle der Verurteilung nun zunächst die Begründung der Wirtschaftsstrafkammer abgewartet werden. Zudem wollen sich die Fraktionschefs rechtlich beraten lassen, wie bei einer Suspendierung vorzugehen wäre und welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssten.

Vorsätzliche Gefährdung des Vermögens der Stadt Halle wirft die Staatsanwaltschaft Bernd Wiegand vor. „In Vorbereitung seiner Amtsübernahme war er bestrebt, ein Team zusammenzustellen, dem er vertrauen konnte“, sagte Staatsanwalt Frank-Thomas Schulze im Plädoyer.

Bei der Einstellung der drei Mitarbeiter habe er „bewusst abweichend vom üblichen Verfahren“ gehandelt - ohne Stellenausschreibung. Außerdem seien zu hohe Erfahrungsstufen vergeben und so zu hohe Gehälter gezahlt worden. „Dabei lag keine einschlägige Berufserfahrung vor.“ Laut Schulze berief sich Wiegand darauf, dass das Büro „arbeitsfähig“ sein musste, es habe besonderer qualitativer Personalbedarf bestanden.

Doch laut Staatsanwaltschaft verstieß Wiegand gegen das Gebot der Sparsamkeit. „Der Gedanke von Boni ist ein fremder Gedanke“ im öffentlichen Dienst. Als Fragen aufkamen, habe Wiegand die Probezeiten des Trios vorzeitig beendet, „damit alles in Sack und Tüten ist. Reue sieht anders aus.“ (js)

Auf Freispruch plädierte Wiegands Strafverteidiger Michael Nagel. „Die Staatsanwaltschaft hat mitnichten dargelegt, aus welchen Gründen die Entscheidungen des Angeklagten unvertretbar sein können.“ Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien unzulänglich und die Anklage ein „Sammelsurium von Aspekten, die unklar sind“.

Alle Anklagepunkte laufen fehl, so Nagel. Im Vorfeld der fraglichen Stellenvergaben in Wiegands persönlichem Team sei eine Vielzahl von Personen angesprochen worden, sagte der Rechtsanwalt. Dieses Verfahren komme einer „Intrige“ verschiedener Drahtzieher gleich, die dem Oberbürgermeister schaden solle. „Es gibt eine starke Fraktion im Stadtrat, die schon den Amtsantritt verhindern wollte“, sagte Nagel.

Es habe „zahlreiche tendenziöse Zeugenaussagen“ gegeben. Als Parteiloser könne Wiegand seine Ziele nur mit Mitarbeitern durchsetzten, denen er blind vertrauen könne. Die Anklage hätte nicht erfolgen dürfen, so Nagel, das Verfahren können nur mit Freispruch enden.  (js)

Denn eine solche Entscheidung unterliegt hohen rechtlichen Hürden. Grundsätzlich kann der Stadtrat diesen Beschluss mit einfacher Mehrheit fassen. „Das ist aber eine sehr einschneidende Maßnahme“, sagte der Leiter der Kommunalaufsicht Michael Wersdörfer. Es müsse rechtlich sehr genau geprüft werden. „Ein Schnellschuss wäre bei dieser schwerwiegenden Entscheidung fatal“, sagte Wersdörfer. Eine Suspendierung vom Amt hätte zur Konsequenz, dass der OB seine Amtsgeschäfte nicht mehr ausführen dürfte. Stattdessen würde sein Stellvertreter - in Halle ist das Kämmerer Egbert Geier - übernehmen.

Allerdings hat der OB die Möglichkeit, gegen eine Suspendierung rechtlich vor dem Verwaltungsgericht vorzugehen und auf eine Aufhebung zu klagen. (mz)