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Georg-Cantor-Gymnasium Georg-Cantor-Gymnasium: Zwei Mathe-Asse, die nie richtig lernen

Von Sylvia Pommert 16.05.2002, 17:30

Halle/MZ. - Erst gab es ein Schüler-Meeting mit viel Beifall und Blumen, und dann gab es eine kleine Feierstunde mit Sekt. Für Kristin Steinberg und Michael Marx verlief der Schultag ein wenig anders als sonst. Erst in der vergangenen Woche waren die beiden als Preisträger von der Mathe-Bundeslympiade aus Hamburg zurückgekehrt. Und so hatten sie sich den großen Bahnhof am Georg-Cantor-Gymnasium redlich verdient.

Genau 14 Schüler hatte Sachsen-Anhalt zur Mathe-Olympiade geschickt. Als Team belegten die hellen Köpfe den fünften Platz. Viel weiter nach oben schaffte es Michael Marx. In seiner Altersklasse darf sich der 16-Jährige jetzt als drittbester Schüler in ganz Deutschland im Fach Mathematik bezeichnen. Die 15-jährige Kristin ist aus den beiden Prüfungsvormittagen in Hamburg gar als deutsche Vizemeisterin herausgekommen.

Bereits zum fünften Mal hat Kristin bei der Olympiade mitgemacht. Und immer wurde sie besser. Nach den Prüfungsblättern mit den kniffligen Aufgaben griff sie erstmals in der fünften Klasse. Die halbe Punktzahl hat sie da erreicht. Vom künftigen Genie war kaum etwas zu spüren. Dann hörte das Mädchen aus Gräfenhainichen vom Spezialgymnasium in Halle. Und was sie besonders verwunderte: Die Aufnahmeprüfung fiel ihr so leicht.

Diese Erfahrung machte Kristin, die ins hallesche Schul-Internat zog, fortan öfter. Strukturen, Zahlen, Logik - dafür kann sie sich so richtig begeistern. "Mir fällt das alles zu. Für Mathe musste ich nicht ein Mal lernen", sagt die fröhliche 15-Jährige so, als sei das völlig normal. An allem, "was sich nicht ableiten lässt" hat sie indes nicht so viel Freude. Kunst oder Ethik machen ihr weniger Spaß. Macht aber nichts, schließlich will Kristin später Mathematik studieren.

Für Michael ist die Mathematik eines von vielen Fächern, die interessieren. Fast noch spannender findet er Chemie. Das muss er von den Eltern geerbt haben, denn die sind beide Chemiker. Beruflich soll es dann also auch in diese Richtung gehen. In seiner Freizeit verschlingt der Junge aus Höhnstedt aber Bücher über deutsche Geschichte. Für ordentlich Nachschub sorgt Oma. Die wohnt in Weimar und vertieft sich allzu gern in die Geschichte großer deutscher Dichter - sagt ihr Enkel. Aber egal, im Laufe der Jahre soll Oma glatt eine kleine Geschichtsbibliothek für den Höhnstedter Nachwuchs gesponsert haben. Und auch der Büchergutschein, den der Schulförderverein gestern für die gute Platzierung bei der Mathe-Olympiade herüberreichte, soll sich für Michael in deutsche Geschichte verwandeln.

Zeit zum Lesen scheint Michael zu haben, denn: "So richtig lernen musste ich noch nie", erklärt er fast bedauernd. Nicht einmal für Biologie, ein Fach, bei dessen Nennung der junge Mann distanziert die Lippen kräuselt, um dann gnadenlos zu präzisieren: "Ich könnte auch ohne Biologie leben." Nicht leben kann er indes ohne seine Gitarre. Seit anderthalb Jahren erlernt er das Spiel. Freizeitrocker will Michael werden, später vielleicht in einer Band die Titel der 70-er und 80-er Jahre spielen.

Kristin indes zieht es in ihren freien Stunden zum Sport. Im Heimatort spielt sie in der Handballmannschaft. Kaum ist sie freitags zurück in Gräfenhainichen, beginnt das Training. Am Wochenende sind Spiele. Zu viel Belastung? Nein, Kristin mag es, wenn sie richtig gefordert wird.

Noch sind die Wangen etwas rot vom kleinen Gläschen Sekt, da geht für die beiden auch an diesem Tag der Unterricht weiter. Michael freut es. Er hat jetzt Geschichte.