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Franz Richard Behrens Franz Richard Behrens: Das große Talent aus Brachwitz

Von Bernhard spring 23.09.2013, 19:47
Schriftsteller und Sportreporter: Franz Richard Behrens
Schriftsteller und Sportreporter: Franz Richard Behrens Privat Lizenz

Brachwitz/MZ - „Franz Richard Behrens ist nicht nur einer der bedeutendsten Dichter der ersten Jahrhunderthälfte, er ist zugleich einer der am meisten missachteten und vergessenen.“ So schrieb der österreichische Schriftsteller Gerhard Rühm im Jahr 1979 über den Dichter aus Brachwitz. An dessen mangelnder Bekanntheit hat sich bis heute nicht viel geändert, obwohl 2012 die letzten Bände einer kompletten Werkausgabe zu Behrens erschienen sind.

Behrens tat sich als vielseitiges Talent hervor, verfasste Gedichte und Drehbücher für den in den Goldenen Zwanzigern noch jungen Film. Sein reportageartiges Kriegstagebuch ist ein erschütterndes Dokument aus den letzten Jahren der deutschen Kaiserzeit, mit seinen Kolumnen etablierte sich Behrens als einer der ersten Sportreporter – und trug umgekehrt zur Popularisierung des Fußballs als beliebte Freizeitbeschäftigung bei.

Geboren wurde Behrens am 5. März 1895 in Brachwitz. Sein Vater, Franz Behrens (1872–1943), war Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Gärtnervereins und saß zwischen 1907 und 1933 fast ununterbrochen im Berliner Reichstag. Auf seinen Wunsch hin absolvierte der Sohn eine Ausbildung zum Volksschullehrer, kam jedoch nie zum Schuldienst, weil er bereits 1914 eingezogen wurde.

Im Krieg entdeckt er die Literatur für sich

In den Schützengräben fand er zur Literatur. Er platzierte Aufsätze in den Zeitschriften „Der Sturm“ und „Die Aktion“, seine Feldpostbriefe trugen die Ernüchterung über den Krieg in die Feuilletons, sein Gedichtband „Blutblüte“ führte ihn 1917 in den Kreis junger expressionistischer Dichter ein.

Dass ihm in den letzten Tagen des Weltkriegs sein Feldgepäck gestohlen wurde und damit auch sein darin aufbewahrtes Drama „Schneerosen Rosmarin“ verschwand, entmutigte Behrens nicht: Nach 1918 zog es ihn nach Berlin, wo er sich als Schriftsteller und Sportkolumnist endgültig etablierte. So verfasste er Spielberichte für die „Kölnische Zeitung“ und Kolumnen für die Münchner Zeitung „Fußball“. Unter dem Pseudonym Erwin Gepard schrieb er auch Drehbücher – sein „Hamlet“ wurde 1920 mit dem Stummfilmstar Asta Nielsen verfilmt.

Drittes Reich stellt Zäsur in Behrens Schaffen dar

Neben den Erfolgen gab es auch Rückschläge. Ein zweites Manuskript, das „ABC der Kinokunst“ betitelt, ging 1922 im Lektorat des S. Fischer-Verlags verloren. Dass Behrens 1925 sein vielseitiges literarisches Schaffen einstellte, hat sich längst als bloßes Gerücht erwiesen. Tatsächlich verstummte der Brachwitzer erst 1934 unter politischem Druck, als die Nazis sämtliche Zeitungen, für die er bislang gearbeitet hatte, verboten. Wie er die Jahre des „Dritten Reichs“ überstand, ist nicht gänzlich geklärt. Ab 1945 meldete sich Behrens unter dem Pseudonym Peter Mohr in der Westberliner Zeitung „Der Abend“ journalistisch zurück. Dort wirkte er als profilierter Sportkenner bis 1961: Nach dem Mauerbau – Behrens wohnte im Osten der geteilten Stadt – konnte er nicht mehr im Westen veröffentlichen, in der DDR hingegen galt er als nicht parteikonform und fand keine geeigneten Arbeitsfelder. So verstarb Behrens 1977 in ärmlichsten Verhältnissen - und geriet in Vergessenheit.