Fossile Spurensuche in Halle Fossile Spurensuche in Halle: Der Fußabdruck der Saurier

Halle (Saale) - Auf den ersten Blick sehen die Gesteinsplatten, die Oliver Wings in einem Hörsaal des Geologischen Instituts der Universität Halle auf den Tisch legt, recht unscheinbar aus - zumindest für den Laien. Doch die Objekte - mehrere Zentimeter dick und rötlich die einen, sandfarben, hauchdünn und zerbrechlich die anderen - haben es in sich. Im wahrsten Wortsinne: Denn sie bergen höchst interessante, mehrere Jahrmillionen alte Spuren früheren Lebens. Dinosaurierspuren.
Anlass für den in Halle forschenden Geologen mit Spezialisierung als Wirbeltier-Paläontologe, die wertvollen Fußabdrücke zu präsentieren, ist eine internationale Konferenz von Paläontologen, die am Montag am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen (ZNS) am halleschen Domplatz beginnt. Eine Woche lang werden sich dort und auch am Geologischen Institut am Von-Seckendorf-Platz in Heide-Süd Spezialisten aus über 20 Nationen auf der „International Conference of Continental Ichnology“ auf eine prähistorische Spurensuche begeben.
„Wir sind sehr froh, dass wir die Tagung nach Halle holen konnten“
„Wir sind sehr froh, dass wir die Tagung nach Halle holen konnten“, so Oliver Wings, der die Konferenz maßgeblich organisiert hat und auch leitet. Die Saalestadt ist nach Marokko und Südafrika der dritte Austragungsort der regelmäßig tagenden Konferenz. Die nun befasst sich in einzelnen Arbeitsgruppen mit Fragen der Forschung: Wie erfasst und analysiert man fossile Spuren von Dinosauriern und anderen Tieren korrekt? Welche neuen technischen Möglichkeiten gibt es dafür?
Dies und mehr steht im Zentrum des internationalen Erfahrungsaustausches. Spuren von Dinosauriern und anderen urzeitlichen Tieren gelten oft als weniger spektakulär als Knochenfunde, erklärt Wings. Für die Forschung seien sie aber von großer Bedeutung. „Jedes Lebewesen hinterlässt in seiner Umwelt Spuren. Teilweise sind sie das einzige, was nach Millionen von Jahren noch greifbar ist. Sie liefern uns Momentaufnahmen vom Leben der Tiere“, so der promovierte Geologe und Kustos der Geiseltalsammlung am ZNS.
Bewegungsmöglichkeiten der Tiere
Anhand dieser Funde könnten Paläontologen, die sich auf die Palichnologie (Englisch: Ichnology) - die Erforschung fossiler Spuren - spezialisiert haben, Rückschlüsse auf Leben und Verhalten der Tiere ziehen. „So lässt sich zum Beispiel viel über die Bewegungsmöglichkeiten der Tiere erfahren“, so Wings. Knochenfunde allein würden hierfür häufig nicht ausreichen. Funde von Fußspuren und dazu passenden Knochen seien indes selten, aber es gebe sie, so Wings
Den im Thüringischen Bromacker bei Tambach-Dietharz gefundenen, etwa 280 Millionen Jahre alten Tierspuren, die auf einer der vor Oliver Wings liegenden schweren Gesteinsplatten konserviert sind, konnten Forscher ein Skelett zuordnen: das des Diadectes absitus, ein reptilhaftes Amphibium und einer der ersten großen Landvierfüßer überhaupt.
Arbeit der „Spurenleser“
Wie sich fossile Spuren objektiv beschreiben und auswerten lassen, ist ein weiteres Thema der Tagung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Stadt Halle finanziell unterstützt wird. „Bisher waren die Kriterien, nach denen Spurenfunde begutachtet und bewertet wurden, oft nicht eindeutig, so dass die Zuordnung zu bestimmten Tieren schwierig war“, so Wings. „Daher wollen wir für die fossile Spurensuche vergleichbare Kriterien und damit Standards festlegen, mit denen jeder Wissenschaftler arbeiten kann.“
Inzwischen kommt laut Wings für die Arbeit der „Spurenleser“ auch spezielle Technik zum Einsatz: Moderne 3D-Erkennungsmethoden, Fotogrammetrie und computergestützte Analysenprogramme etwa. Diese werden zur Konferenz ebenso eine Rolle spielen wie die ganz praktische Arbeit am Objekt.
Wissen zur Bestimmung und Erfassung von Spuren
In Workshops geben erfahrene Spurenkundler ihr Wissen zur Bestimmung und Erfassung von Spuren an Nachwuchswissenschaftler weiter. Außerdem stehen Exkursionen zu Fundstellen in ganz Deutschland auf dem Programm, darunter auch nach Rothenschirmbach, das mit dem Süßen See zum geologischen Forschungsfeld Hornburger Sattel zählt.
Höhepunkt der Tagung ist zudem ein Vortrag, zu dem auch interessierte Laien eingeladen sind. Der renommierte Schweizer Paläontologe Christian Meyer wird am Dienstag, 24. September, um 19.30 Uhr im Audimax am Uniplatz über das Thema „Mit Helikopter, Seil & Drohne: Die Erforschung von Dinosaurierspuren in den Alpen und Anden“ sprechen - so, dass es jedermann versteht. (mz)

