Finanzen der Kulturstadt Halle Finanzen der Kulturstadt Halle: Kinderstadt droht das Aus

Halle (Saale) - Ein Alleinstellungsmerkmal ist meist etwas, um das andere einen beneiden. Was die Kulturstadt Halle betrifft, gibt es hier im Bereich Kindertheater gleich zweierlei, für das kaum anderswo in Deutschland vergleichbares zu finden ist - nämlich die alle zwei Jahre auf der Peißnitzinsel stattfindende „Kinderstadt“ und der jährliche Thalia-Fasching.
Obwohl ohne eigene Bühne, ist das hallesche Kinder- und Jugendtheater (Thalia) auf der Kulturinsel weiterhin eine eigene Sparte. Zusammen mit dem Schauspiel (Neues Theater), der Oper samt Ballett, dem Puppentheater und der Staatskapelle bildet es Halles Theater, Oper und Orchester GmbH, das ein Fünf-Sparten-Stadttheater ist und mit dem Opernhaus und der Kulturinsel zwei Spielstätten unterhält. Das Haus des Thalia-Theaters gehört nicht mehr zur TOOH.
Projekte könnten Rotstift zum Opfer fallen
Beides sind exzellente Beispiele für das, was man Mitmachtheater nennt - und beides hat mittlerweile ein solches Niveau erreicht, dass Experten von überall her kommen, um sich hier Anregungen für ihre theaterpädagogischen und soziokulturellen Projekte zu holen. Doch derzeit sieht es so aus, als würden sie dazu nächstens keine Gelegenheit mehr haben. Der gerade im einstigen Thalia-Theater zu Ende gegangene Kindertheaterfasching zum Thema „Altes Ägypten“ könnte der letzte seiner Art gewesen sein. Und gut möglich auch, dass die „Kinderstadt 2016“ über die erste Planungsphase gar nicht hinaus kommt. Denn beides könnte - im Rahmen der anstehenden Streichungen nach der Drei-Millionen-Euro-Kürzung der Landesmittel - nun dem Rotstift zum Opfer fallen.
Projekte für die Jüngsten stehen zur Disposition
Ausgerechnet die Projekte für die Jüngsten, Herr Stiska? Wirklich? Der Geschäftsführer der halleschen Theater, Oper und Orchester GmbH (TOOH) bestätigt, dass beides zur Disposition stehe - wie übrigens manches andere auch. Dabei hören sich die finanziellen Posten, um die es in beiden Fällen geht, für den ersten Moment gar nicht so dramatisch an. Puppentheater-Intendant Christoph Werner, der zugleich künstlerischer Leiter des beide Projekte tragenden Thalia-Ensembles ist, nennt rund 60.000 Euro für den Thalia-Fasching und 80.000 Euro für die Kinderstadt.
Freilich handele es sich dabei nur um die Zusatzkosten - insbesondere für zusätzliche Mitarbeiter. Denn, so Stiska, beide Projekte seien sehr personalintensiv. Hinzu komme die Jahrespauschal-Miete für das alte Thalia-Theater, in dem der Fasching stattfindet. Diese 30.000 Euro, sagt Stiska, „würden wir gern komplett einsparen“. Deshalb denke man auch über eine Lösung nach, wie dieser Fasching vielleicht ins Neue Theater umgesiedelt werden könnte. Allerdings - gibt Werner zu bedenken - würde dieses Großprojekt, bei dem erst jüngst bei 15 Veranstaltungen insgesamt rund 5.000 Kinder beteiligt waren, dann wohl wochenlang den Spielbetrieb auf der Kulturinsel nahezu lahmlegen.
Kinderstadt ist komplizierter Fall
Komplizierter ist der Fall aber noch bei der Kinderstadt. Deren Träger ist zwar formal ein Verein, und ein Teil der Arbeit wird von Lehramtsstudenten im Praktikum geleistet, doch die Hauptlast des Projekts trage - auch personell - letztlich das Theater, so Werner. Auch wenn es für diese Sommerferienaktion natürlich auch diverse Projektfördermittel - etwa vom Land - und insbesondere Sachspenden (zum Beispiel von Firmen) dafür gebe. Und mit beiden Projekten, meint Werner, stehe im Grunde auch wieder eine ganze Sparte auf der Kippe: Ausgerechnet das Kinder- und Jugendtheater, das in Halle in den vergangenen Jahren schon allzu viele Federn lassen musste. (mz)