1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Filmaufnahmen: Filmaufnahmen: Klein-Hollywood in der Gartensparte

Filmaufnahmen Filmaufnahmen: Klein-Hollywood in der Gartensparte

Von unserem Redakteur Michael Tempel 11.10.2002, 18:33

Teutschenthal/MZ. - "90, eins, die Erste! Absolute Ruhe bitte, wir drehen!" Die Klappe macht laut "klack". Dann sagt Regisseur Michael Schorr: "Bitte!" Jetzt legen sich die Darsteller vor der Kamera ins Zeug. Sagen ihre Texte auf, üben sich in Mimik und Gestik. Kein Filmstudio in Los Angeles, nicht das Ufa-Gelände in Babels-

berg - Drehort ist eine Parzelle in der Gartenanlage "Grüne Gurke" in Teutschenthal-Bahnhof. Aber nicht nur der Hintergrund nahe des alten Kali-Schachtes ist authentisch. Weil der Film "Schultze gets the blues" von einem ehemaligen Bergmann handelt, der nach Amerika auswandert, sind neben gestandenen Schauspielern auch Laien aus dem Saalkreis und dem Mansfelder Land angeheuert worden. Und die geben ihr Bestes in Klein-Hollywood neben der Abraumhalde.

In der Gartenszene soll Hauptheld Schultze (dargestellt von "Polizeiruf"-Star Horst Krause) von seinen Freunden mit einem Geburtstagsständchen überrascht werden. Als Krönung bekommt er vom Präsidenten seines Musikvereins "Harmonie" Flugtickets nach Amerika überreicht. Der Auftakt für eine feucht-fröhliche Garten- und Verabschiedungsparty. Gut zwei Stunden Drehzeit für eine Film-Minute.

Leo Fischer ist das Lampenfieber anzusehen. Er verkörpert den Vereinspräsidenten. Fischer, im wahren Leben Leiter der Gesangsvereinigung "Sang und Klang" Angersdorf/Teutschenthal, ist vor dem Dreh auf- und abgelaufen und hat seinen Text auswendig gelernt. Die anderen sieben Laiendarsteller - Mitglieder der Brachstedter Musikanten, der Original Mansfelder Musikanten aus Helbra sowie von der Eislebener Tanzkapelle "Intensiv" - haben es einfacher. Sie sollen keinen Text aufsagen, und wie die Instrumente funktionieren, wissen sie. Witze reißend warteten sie im eiskalten Herbstwind auf den Dreh.

"Wir sind deshalb ein so bunt zusammengewürfelter Haufen, weil keines der Orchester allein genügend Komparsen über 50 Jahre aufbieten konnte", so Günter Dziewiecki aus Helbra. Schließlich ist die Geschichte im Vorruheständler-Milieu nach der Wende angesiedelt. Die Saalkreis-Mansfeld-Truppe hatte bereits vor Tagen einen großen Auftritt, als im Saal von Wansleben eine Kneipenszene gedreht wurde.

Doch jetzt wird es ernst. Das kleine Orchester muss "Hoch soll er leben" spielen. Schultze kommt aus seiner Laube. Bei der ersten Klappe verhaspelt sich der Vereinspräsident alias Leo Fischer noch mit dem Text. Beim zweiten Mal geht es besser. Die Filmleute freut, dass es zügig vorangeht. Die Dreharbeiten sind bei dieser Kälte kein Zuckerschlecken.

Der 36-jährige Michael Schorr - es ist sein Spielfilmdebüt - erfüllt überhaupt nicht die Klischee-Vorstellungen von einem cholerischen Regisseur. Ruhig gibt der gebürtige Rheinland-Pfälzer und Wahl-Berliner seine Anweisungen. Den Part des polternden Direktors übernimmt Hauptdarsteller Krause.

Schorr ruft "Danke!" und die Szene ist im Kasten. Es sind die vorerst letzten Dreharbeiten in Teutschenthal. Am kommenden Montag fliegen Filmteam und Hauptdarsteller für drei Wochen in die USA. Dziewiecki, Fischer und die anderen Komparsen müssen aber leider hierbleiben.

Eigentlich sollte Filmheld Schultze nicht von Teutschenthal, sondern vom Saarland aus nach Übersee gehen und sich dort vom Volksmusiker zum Blues-Jünger wandeln. Das Drehbuch hatte Schorr bereits Mitte der 90er Jahre fertig. Doch in Teutschenthal-Bahnhof liegen Kaligrube, Halde und Wohnhaus mit DDR-Flair so dicht beieinander, dass der Regisseur und die Produzenten der Firma "filmkombinat" aus Dresden zu dieser Kulisse einfach nicht Nein sagen konnten.

Ob die etwa eine Million Euro teure Produktion ein Erfolg wird, muss sich im Herbst 2003 erweisen. Geplant ist der Film für die Reihe "Das kleine Fernsehspiel" im ZDF. Möglich, dass er auch im Kino zu sehen sein wird. Krause ist schon vorher des Lobes voll: "Es ist ein Film, in dem viel gespielt und wenig gequatscht wird."