Fahrschule Fahrschule: Tests für viele Fahrlehrer zu schwierig

HALLE/MZ. - Beim ersten Mal ist der Lehrling grandios gescheitert, beim zweiten erschien er schlicht zu spät zum Prüfungstermin und beim dritten Versuch war er nur knapp an den 30 Fragen im Computer gescheitert. Nun sei er guten Mutes. "Inzwischen habe ich doch am Computer sehr geübt", sagt er. Er habe einfach gedacht, dass packe er doch leicht. 20,83 Euro muss er für jeden Versuch zahlen, Zusatzstunden gibt es nicht.
In Sachsen-Anhalt rauschten im vergangenen Jahr 44,4 Prozent der Fahrschüler durch die Theorieprüfung. Das ist die schlechteste Quote der Bundesländer-Statistik, an deren Ende die fünf Ostländer mit jeweils mehr als 40 Prozent Durchfallern versammelt sind. Seither rätselt auch die hallesche Fahrschul-Branche, woran das liegen könnte. Sind die Ossi-Jugendlichen tatsächlich blöder? "Nein. Sie sind aber häufig erstaunlich wenig motiviert. Ansonsten ist das aber eine Frage einer guten Vorbereitung. Bei uns muss ein Fahrschüler die Theorieprüfung vorher so lange testen, bis er es schafft. Erst dann erhält er die Zulassung zur Prüfung", erzählt Bernd Finger von der Fahrschule am Urania. Doch das ist nicht überall so: Viel-Prüfling Mario etwa wurde zur Theorie-Prüfung ohne Test zugelassen.
In Halle gibt es derzeit 45 Fahrschulen. Die Führerscheinstelle der Kommune hat laut Amtsleiterin Bärbel Dreyer im ersten halben Jahr 1 037 mal eine Fahrerlaubnis auf Probe ausgestellt. "Der Andrang ist groß. Viele Fahrlehrer müssen unter hohem Druck arbeiten", weiß Fred Heinzelmann. Er ist Geschäftsführer des Verkehrsinstitutes Reimertshofen in Halle. Die Firma ist eine von zwei Stellen in Sachsen-Anhalt, die Fahrlehrer ausbildet. Elf Stunden dürfe ein Fahrlehrer täglich geben, plus Theorie. Es gebe einige, die dieses Pensum leisten müssten. Und dann bleibe auch die theoretische Weiterbildung auf der Strecke: "Wir haben ein paar Jahre lang die Fahrlehrer anonym die normalen Prüfungsbögen beantworten lassen. Es gab viele, die hatten alle Fragen richtig, aber gut 30 Prozent wären durchgefallen." Es könne auch kein Zufall sein, so Heinzelmann weiter, dass statistisch die fünf Länder hinten lägen, in denen die Arbeitslosigkeit am höchsten sei. "Die Leute gehen zu Billig-Fahrschulen. Und wenn sie die Prüfungszulassung nicht kriegen, versuchen sie es woanders." Aber auch der Ausbilder sieht vor allem in der Motivationslosigkeit vieler Fahrschüler den Hauptgrund des sachsen-anhaltischen Scheiterns.
"Es gibt auch in Halle Fahrschulen mit 100 Prozent bestandenen Theorie-Prüfungen. Aber gut ein Drittel liegt sehr weit unter dem Landesschnitt", sagt ein Experte aus der Landesverwaltung. "Dass die ostdeutschen Länder hinten liegen, ist ja schon lange so. Vielleicht auch deswegen, weil der Führerschein in der DDR nie einen so hohen Stellenwert hatte wie im Westen", spekuliert er. Die Fahrerlaubnis habe im Osten vergleichsweise wenig gekostet. Hineinspielen könne auch, dass viele der motivierten jungen Leute das Land genau im Führerschein-Prüfungsalter verließen. Im Übrigen gebe es durchaus Rechtsprechungen, wonach Fahrschulen mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen die Betriebserlaubnis entzogen worden sei.